Kommt die Pipeline nicht zu mir, geh ich eben zu ihr. So ähnlich dürfte wohl das Kalkül in Rom gewesen sein, als man sich zu einer 180-Grad-Wende in Fragen der Gasversorgung durchrang. Premier Matteo Renzi, der mit EU-Ratspräsident Donald Tusk sowie anderen Staatenlenkern aus Osteuropa vor Weihnachten noch entschieden gegen einen Ausbau der Ostseepipeline war, fordert plötzlich eine Beteiligung Italiens an dem Projekt.

Richtig ist, dass Italien stark von Gasimporten abhängt. Über eine Pipeline gelangt zwar algerisches Gas nach Italien und über die Türkei, Griechenland und Albanien wohl bald auch aus dem kaspischen Raum. Allein – es reicht nicht. Hoffnungen hat Rom in South Stream gesetzt: Russisches Gas sollte über eine Röhre durchs Schwarze Meer bis Triest gelangen. Der Energiekonzern Eni war führend beteiligt, andere hatten Milliardenaufträge in der Tasche. Allein – es blieb beim Projekt. Putin musste wegen der Sanktionen und der ökonomischen Malaise Njet sagen.

Doch Italiens Industrie braucht Aufträge. Deutsche Unternehmen sollen bei Nord Stream 2, wo sich auch die OMV eingeklinkt hat, nicht alles einsacken dürfen – sofern das Projekt überhaupt realisiert werden kann. Denn um Ausnahmen von EU-Regeln zu bekommen, wie sie Gazprom für Transport und Vermarktung fordert, müsste die EU-Kommission weichgeklopft werden. Ob das mit einem Kniefall Putins in Brüssel ginge, darf bezweifelt werden. (Günther Strobl, 10.1.2016)