Julius Sextus Frontinus hatte vollkommen recht. Man schrieb das Jahr zehn nach der Geburt eines bestimmten Messias, dessen Fußspuren später hinreißend arrogante Päpste sich vergoldeten. Der römische Ingenieur Julius Sextus meinte damals, es sei zukünftig rein gar nichts mehr an Erfindungen zu erwarten, alles Neue und Perfekte sei bereits da, vorhanden und eben perfekt. Wenn das nicht arrogant ist.

Der Arroganz, antiquarisch: Hoffart, entlang promeniert nun schreibend der finnische Wissenschaftsjournalist Ari Turunen. Es beginnt verheißungsvoll – endet aber wie ein Zwiegespräch über dünnem Tee mit einem Pfarrer aus dem dunklen Norden Europas (oder dem deutschen Bundespräsidenten, auch Pfarrer). Denn Turunen hat es weniger auf stilistische Leuchtkraft und hohe Sager-Quote angelegt denn auf eine moralische Inspektion der Ruinen in Geschichte, Politik und Ökonomie, die die Arroganz zurückgelassen hat. Von Alexander dem Großen, der es sich mit seinen alten Kämpen gründlichst verdarb, als er sich anschickte, sich von ihnen als Gott anbeten zu lassen, über das arrogant dekadente Spät-Rom, leichte Beute für die Goten, bis zum Untergang von Arroganz-Hochmeistern der US-Hochfinanz wie Enron oder den Gebrüdern Lehman.

Ist es arrogant anzumerken, dass weder der Übersetzerin noch dem Lektorat aufgefallen ist, wie gern Ari Turunen Namen falsch schreibt? Michael (Disney) Eisner gibt Turunen auf knappem Raum mehrere Vornamen. Und hinter "Herbert von Braun" dürfte sich wohl Wernher von Braun, der Edelnazi der Nasa, verbergen. Seine historischen Ausführungen sind trotz Verweis auf eine gar nicht kurze Liste konsultierter Literatur (in der auch ein Egon Friedell aufscheint) ebenfalls von kräftiger Einseitigkeit, auf dass sie sich geschmeidig in die Argumentationskette einfügen.

Ab der Hälfte realisiert man, woran sein wider sein Thema erigierter Zeigefinger gemahnt – an Kanzelreden. Beziehungsweise an deren moderne Variante: vor arroganten Managern den Feigenblattredner mimen.

Dass Turunen demütig und geradezu protestantisch-gleichmacherisch zerknirscht endet, das mag für die "keynote speech" über Ethik auf der Fortbildungswoche eines finnischen Konzerns taugen. Die Arroganz, dies' süße Wesen, hat das wahrlich nicht verdient. Wie kommentierte einst ein Italiener so richtig die Pisa-Exzellenz Finnlands: "Wer will schon in Finnland leben?"

Zum Schluss sei noch gesagt: Wer es geistig von Ihnen geschafft hat, bis hierher mit mir einigermaßen Schritt zu halten, dem dürfte klar sein: Diese Rezension ist die beste, die jemals über dieses Buch zu lesen sein wird. Aber das versteht sich ja eh von selbst. (Alexander Kluy, Album, 13.1.2016)