Wien – Die Zeit für eine Einigung bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA wird knapp. Ziel der TTIP-Unterhändler war es, vor den US-Präsidentschaftswahlen Anfang November 2016 zumindest die Grundzüge einer Einigung präsentieren zu können.

Das ist besonders aus Sicht der EU-Kommission wichtig. Denn wer weiß schon, ob der neue Amtsträger im Weißen Haus noch Interesse an einem Abkommen haben wird? Die aussichtsreichste Bewerberin bei den Demokraten, Hillary Clinton, etwa hat sich gegen TTIP ausgesprochen.

Um vor den Wahlen fertig zu sein, müsste noch vor den Sommermonaten eine Einigung her. Danach sieht es aber aktuell nicht aus. Bei der EU-Kommission heißt es zwar, dass man die Gespräche intensiviert habe. Doch ein Durchbruch ist laut dem deutschen Agrarminister Christian Schmidt nicht absehbar. Im Gegenteil: "Ich erwarte, dass TTIP noch in eine schwierige Runde gehen muss", sagte der CSU-Politiker Ende der Woche bei einer Veranstaltung in Berlin.

Streitereien erschweren Arbeit

Zu den Problemen zählt nicht nur, dass die Materie komplex ist. Auch politische Streitereien erschweren die Arbeit. So drängt die EU-Kommission nach Kritik aus Deutschland darauf, die Investitionsgerichte zu reformieren.

Künftig sollen nicht mehr ad hoc bestellte Richter bei Streitigkeiten zwischen Unternehmen und Staaten entscheiden, sondern fix bestellte Juristen. Auch soll es ein Einspruchsverfahren gegen Entscheidungen geben. Doch in den USA stoßen diese Forderungen auf Ablehnung. Die Handelskammer, die nach eigenen Angaben die Interessen von drei Millionen Unternehmen vertritt, will ein klassisches System von Investitionsgerichten etablieren – alles andere sei zu komplex.

Diskussion zum Thema

Am Sonntag diskutieren über diesen und andere Aspekte von TTIP im Wiener Burgtheater mehrere Experten, darunter Lutz Güllner von der EU-Kommission, Éva Dessewffy von der Arbeiterkammer und Franz Schellhorn, Chef der Agenda Austria. Titel der Veranstaltung ab 11 Uhr: "Wozu brauchen wir TTIP?"

Eine klare Antwort auf diese Frage, nämlich gar nicht, hat der deutsche Verband der grünen Wirtschaft gefunden. Laut einer neuen Studie des Verbandes gefährde das Abkommen die qualitätsorientierte Landwirtschaft. TTIP erschwere die Kennzeichnung von Gentechnikprodukten, zudem drohe den europäischen Fleischproduzenten ruinöse Konkurrenz aufgrund der Größenvorteile der US-Betriebe. (red, 16.1.2016)