Die Zentrale der Stadtwerke in Wien-Landstraße: Der Konzern im Eigentum der Stadt ist – auf vier Stufen – an 118 Firmen beteiligt.

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Wien – Es fehlt der Stadt Wien an einer systematischen Darstellung ihrer Beteiligungsstrategie, strategische Vorgaben für diesen Aufgabenbereich sind laut einem Prüfbericht des Stadtrechnungshofes ebenfalls nicht vorhanden. "Wie in vielen anderen Bereichen gibt es auch hier keine Strategie, keinen Überblick und keine Kontrolle", kommentierte Gernot Blümel, der Landesparteichef der ÖVP Wien, den Bericht. Stattdessen herrsche bei den Beteiligungen der Stadt "Willkür, Chaos und Orientierungslosigkeit" vor.

Beteiligungen um 614 Millionen Euro

Bis zur dritten Beteiligungsebene – also Beteiligungen an Unternehmen, die ihrerseits wieder in anderen Einheiten mitmischen – stehen 246 Unternehmen ganz oder teilweise im Besitz der Stadt. Die finanzielle Teilhabe reicht aber noch viel weiter: Mit einem Grundkapital von 614,35 Millionen Euro beteiligt sich die Stadt Wien an einer wissenschaftlichen Anstalt, drei Unternehmen, 17 Fonds und 46 Stiftungen. Dazu kommen 48 Beteiligungen an privatrechtlichen, wirtschaftlich und rechtlich selbstständigen Einheiten – davon zwölf Unternehmen, die wiederum selbst Beteiligungen unterhalten. Verwaltet werden die Teilhaben von 13 verschiedenen Magistratsabteilungen der Stadt.

148 Beteiligungen auf sechs verschiedenen Ebenen werden vom Stadtrechnungshof etwa bei der Wien Holding ausgeschildert. Zu den direkten Mitwirkungen des zu 99,99 Prozent im Besitz der Stadt Wien stehenden Unternehmens zählen unter anderen jene an der U2 Stadtentwicklung GmbH oder der Flughafen Wien Aktiengesellschaft. Der Wiener Stadtwerke-Konzern hält 118 Beteiligungen auf vier Stufen.

Keine Berichtspflicht

Für all diese indirekten Beteiligungen der Stadt Wien gilt jedoch keinerlei Berichtspflicht, wie der Stadtrechnungshof kritisiert: "Die Magistratsdienststellen sahen sich nur für die erste Beteiligungsebene zuständig" – obwohl bis zu sieben vorliegen. Eine vollständige Übersicht über Zahlungsströme und Leistungsbeziehungen gibt es ob der eingeschränkten Informationen über die indirekten Beteiligungen bei den zuständigen Magistratsdienststellen auch nicht.

"Die Stadt Wien steuert Beteiligungen und Unternehmungen mit über 40.000 Beschäftigten und Umsatzerlösen in der Höhe von 7,1 Milliarden Euro völlig unkoordiniert und im Blindflug", kritisiert Beate Meinl-Reisinger, Klubobfrau der Wiener Neos. "Allen voran – in Hinblick auf die Schuldensituation der Stadt – ist großer Handlungsbedarf gegeben."

Rekordschulden noch höher

Die Schulden der Unternehmen und Beteiligungen würden die Rekordschulden der Stadt von 5,4 Milliarden Euro auf knapp elf Milliarden erhöhen, so die Pinke zum STANDARD: "Das ist fast ein gesamtes Jahresbudget der Stadt."

Der Stadtrechnungshof empfiehlt daher die Ausarbeitung einer Beteiligungsstrategie inklusive konkreter Zielsetzungen sowie eine periodische Berichterstattung und Analyse der einzelnen Leistungen.

"Darüber hinaus wäre es höchst an der Zeit, die Beteiligungen standardisiert zu überprüfen und einer Evaluierung zuzuführen", sagt Blümel zum STANDARD. Dadurch solle geklärt werden, welche Beteiligungen auch weiterhin in die Strategie der Stadt Wien passen "und überhaupt sinnvoll sind". (Oona Kroisleitner, 17.1.2016)