Man erlaubt sich nicht so recht, angesichts der Nachricht über die neue Einheitsregierung in Libyen erleichtert aufzuatmen: Es ist ein wichtiger Schritt, aber ob er auf einer soliden Grundlage getan wurde, ist angesichts der Begleitumstände fraglich. Der neunköpfige Präsidialrat, der nach wiederholten Verzögerungen die Ministerliste erstellte, hat am Ende des Prozesses zwei Mitglieder eingebüßt. Gegen den Uno-Vermittler Martin Kobler wird offen gehetzt.

Widerstand gegen den von Kobler vermittelten Kompromiss kommt aus allen politischen Sektoren und Landesteilen. Das heißt, die neue Regierung, die in Tunesien gebildet wurde, hat in Libyen noch nicht einmal physisch einen Platz, wo sie hinkann. Wann sie in der Hauptstadt Tripolis einziehen kann, steht in den Sternen.

Diejenigen Staaten, die den Friedensprozess von außen unterstützt haben, werden jetzt versuchen, der neuen Regierung Legitimität zu verleihen, indem sie sie als alleinige Ansprechpartnerin behandeln – auch in Fragen der Sicherheitszusammenarbeit. Es geht nicht nur darum, die vielen Milizen und Warlords in den Griff zu bekommen, sondern vor allem darum, zu verhindern, dass Libyen zum dritten Land wird, in dem der "Islamische Staat" Territorium hält.

Und wenn die Europäer und die USA nicht bald einen militärischen Partner in Libyen finden, steigt die Wahrscheinlichkeit rapide, dass sie selbst intervenieren. (Gudrun Harrer, 19.1.2016)