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Österreichs Notenbankchef Ewald Nowotny erwartet einen weiteren Preisrückgang.

Foto: Reuters/Bader

Wien – Der niedrige Ölpreis ist für die österreichische Wirtschaft ein Segen, weil Konsumenten billig tanken können und Unternehmen bei den Energieausgaben sparen. Zugleich aber sorgt der sinkende Spritpreis dafür, dass die ohnehin niedrige Inflation weiter zurückgeht und die Wahrscheinlichkeit für eine Deflation, also für einen anhaltenden Preisrückgang, steigt. Der tiefe Ölpreis ist also aus dieser Perspektive ein Fluch.

Von zwei Seiten einer Medaille sprach auch der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, Ewald Nowotny, am Freitag bei einem Gespräch mit Journalisten über die wirtschaftliche Lage in der Eurozone. Nowotny ließ dabei mit einer Warnung aufhorchen. Allein seit Dezember sei der Ölpreis um rund 40 Prozent gesunken. Deshalb wäre es möglich, dass die Inflation im Euroraum monatsweise negativ wird. Die Gefahr sei vor allem im ersten Halbjahr gegeben, sagte Nowotny.

Die Europäische Zentralbank (EZB) peilt ein Inflationsziel von knapp unter zwei Prozent an. Aktuell liegt die Teuerungsrate nur knapp über dem Nullwert. Im vergangenen März hat die EZB begonnen, Staatsanleihen im Wert von 60 Milliarden Euro im Monat zu erwerben. Ziel des Programms, das im Dezember um ein weiteres Jahr bis Herbst 2017 verlängert wurde, ist es, die niedrige Inflation anzukurbeln. Ist die ganze Aktion also gescheitert?

Nowotny erwartet erneuten Preisrückgang

Nein, sagte Nowotny. Die Preise hätten sich noch verhaltener entwickelt, wenn die EZB nicht interveniert hätte. Das Kaufprogramm habe die Kreditzinsen leicht gedrückt und auch zu einer Kursabschwächung beim Euro geführt, was tendenziell Exporteuren hilft. Das Inflationsziel müsse längerfristig erreicht werden. Die Aussichten für die Wirtschaft im Euroraum seien insgesamt aktuell gar nicht so schlecht.

Die Oesterreichische Nationalbank hat bisher im Rahmen des Programms heimische Staatsanleihen im Wert von 12,6 Milliarden Euro gekauft. Der gesamte Wert der ausstehenden Anleihen beläuft sich auf rund 190 Milliarden.

Nowotny warnte davor, dass sich die Entwicklung der Löhne im Dienstleistungssektor im Euroraum vom Wirtschaftswachstum zu entkoppeln drohe. Im Vorfeld der Krise 2008 seien Gehälter in manchen Euroländern zu stark gestiegen, so der Notenbankchef. Als Teil der Reformen in den vergangenen Jahren wurde versucht, dem entgegenzutreten. In einigen Ländern Südeuropas wurde etwa die Geltung von Tarifverträgen begrenzt. Die Situation habe dazu geführt, dass die Löhne nun, wo die Wirtschaft anzieht, nicht mithalten. Das trage zur verhaltenen Preisentwicklung bei. (szi, 22.1.2016)