Zum fünften Mal jährt sich der 25. Jänner, der der ägyptischen Revolution von 2011 den Namen gab. Und es gibt heute nicht den Anflug eines nationalen Konsenses in Ägypten darüber, wie die Ereignisse von damals, die am 11. Februar 2011 dreißig Jahre Präsidentschaft Hosni Mubarak beendeten, zu bewerten sind.

"Vollendung" der Revolution

Der jetzige Präsident Abdelfattah al-Sisi sorgte in der ersten Zeit nach dem Sturz des Muslimbruders Mohammed Morsi 2013 noch dafür, dass auch 2011 gewürdigt wurde: 2013 sollte mit der Ausschaltung des politischen Islam die "Vollendung" der Revolution von 2011 sein. Diese Idee ist auch in der Verfassung von 2014 festgehalten. Aber heute haben in der ägyptischen Politik ganz eindeutig wieder jene Kräfte das Sagen, die von 2011 nichts wissen wollen. Ein Abgeordneter trieb diese Abneigung jüngst bei der Angelobung des neuen Parlaments so weit, dass er nicht auf die gesamte Verfassung schwören wollte.

Europa in Nostalgie

2011 starrte die ganze Welt gebannt und mit Sympathie auf Kairo wie schon zuvor auf Tunis: Heute geht vor allem in Europa die Nostalgie nach der Zeit um, in der im Nahen Osten und in Nordafrika die Regime zwar nicht demokratisch gewählt, aber die Länder stabil waren; oder, besser gesagt, mit starker Hand zusammengehalten. Entsprechend ist der Blick auf das heutige Ägypten: Ein destabilisiertes Land am Nil, aus dem die Menschen in großen Mengen fliehen, ist der größte Albtraum für Europa. (Gudrun Harrer, 25.1.2016)