Skipisten nehmen wesentlich weniger Wasser auf als Wiesen, sagt der Tiroler Umweltanwalt.

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Innsbruck – Tirols Landesumweltanwalt bezeichnet sich selbst als "Naturradargerät". Sei ein Umwelt-Rowdy am Weg, dann blitze er, sagt Johannes Kostenzer. Im September 2014 ging ihm die Landesregierung in die Falle: "Die Angriffe auf die Tiroler Natur häufen sich in diesem Herbst", tadelte er Schwarz-Grün damals. Nun, rund eineinhalb Jahre später, legt er einen Tätigkeitsbericht vor und zieht erneut Bilanz – und die fällt zumindest versöhnlicher aus.

"Es gab eine Reihe positiver Entwicklungen", sagt Kostenzer. Die Umweltanwaltschaft, eine Sondereinrichtung des Landes Tirol, finde mehr Gehör, Verfahren seien transparenter geworden, seit Jänner 2014 ist er nicht mehr an Weisungen gebunden, also politisch unabhängiger. Dennoch hat er einige alarmierende Zahlen parat: Pro Jahr gebe es in Tirol derzeit einen durchschnittlichen "Naturverlust" in der Größe von 450 bis 550 Fußballfeldern. Kostenzer erwartet deshalb einen Flächenverbrauch von 273 Quadratkilometern bis zum Jahr 2050.

Problemfall Raumordnung

Gründe dafür seien einerseits der Siedlungs- und Straßenbau und andere Infrastrukturprojekte, aber auch neue Skipisten im hochalpinen Raum. "Diese Flächen sind nicht wiederherstellbar und gehen damit als Naturraum verloren", sagt Kostenzer. Auswirkungen habe das beispielsweise auf den Hochwasserschutz, weil Skipisten wesentlich weniger Wasser aufnehmen als Wiesen, und auf die Fauna, weil zahlreiche Tiere dann ihr Habitat nicht mehr wechseln können.

Das Tiroler Naturschutzgesetz hält Kostenzer für "grundsätzlich gut". Das Problem sei: "Der Flächenverbrauch hat relativ wenig mit dem Naturschutzgesetz, sondern mehr mit der Raumordnung zu tun" – und hier seien seine Eingriffsmöglichkeiten begrenzt.

Abwarten, "was Gerichte sagen"

Er fordert deshalb nicht nur eine strengere Handhabung der Verbauung, sondern auch ein Beschwerderecht für die Umweltanwaltschaft in Angelegenheiten der Raumordnung. Eine solche rechtliche Einspruchsmöglichkeit fehle ihm bisher auch bei Verfahren, die von der Landesregierung selbst erledigt werden.

Was den politisch forcierten Ausbau der Wasserkraft betrifft, sagt Kostenzer, dass "schon noch das eine oder andere Kraftwerk" gebaut werden könne. Die Realisierung solcher Projekte müsse jedoch möglichst umweltschonend passieren. Den wasserwirtschaftlichen Rahmenplan "Tiroler Oberland" der Tiwag hält er hingegen für einen "massiven Eingriff" in die Natur – gegen den er aber bereits vorgeht. Man müsse nun "abwarten, was die Gerichte sagen".

Die Frage, ob Schwarz-Grün eine Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen würde, beantwortet Kostenzer nicht eindeutig. Immerhin: Inzwischen habe er mit "eigentlich allen Parteien" eine gute Gesprächsbasis. (Katharina Mittelstaedt, 28.1.2016)