Ist es schade, dass Ursula Stenzel nicht zur Präsidentschaftskandidatin der FPÖ gekürt wurde? Das ist es. Nicht etwa, weil sie unterhaltsam und unberechenbar wäre. Sondern schlicht und einfach, weil sie eine Frau ist.

Keine der im Parlament vertretenen Parteien befand es für nötig, zwingend oder auch nur sinnvoll, eine Frau für das höchste Amt im Staate zu nominieren. Sieht man von Irmgard Griss ab, die sich quasi selbst zur Kandidatin machte, und von der Millionenshow-Gewinnerin und Dialektdichterin El Awadalla, die noch Unterstützer sucht: reine Männerpartie.

Das ist nur auf den ersten Blick erstaunlich, weil ja die Mehrheit Österreichs weiblich ist – und die Gleichstellung von Frauen zudem gerade in aller Politiker Munde. Auf den zweiten Blick ist es die logische Folge eines Backlashs, der schon längst geschehen ist: Nicht einmal ein Drittel der Nationalratsabgeordneten ist weiblich, nicht viel besser sieht es in den Landtagen aus. Es gibt keine einzige Landeshauptfrau. Die nach gutem alten Proporz besetzte oberösterreichische Landesregierung kommt auch ganz ohne Frau aus – da waren sich alle Parteien höchst einig. Überhaupt ist der Hang zur Männerriege kein Alleinstellungsmerkmal konservativer Parteien. Immerhin gab es unter ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel zeitweise mehr Frauen als Männer im schwarzen Regierungsteam.

Heute dagegen kam niemand in der Volkspartei auf die Idee, eine Frau für die Hofburg anzufragen – zum Beispiel die als Botschafterin international extrem gut vernetzte Ursula Plassnik.

Die SPÖ hat sich nach dem Tod Barbara Prammers auch nachhaltig desavouiert. Das Gezerre um das Mandat der verstorbenen Nationalratspräsidentin, das am Ende ein Gewerkschafter bekam – und der mehr als schwache Widerstand der SPÖ-Frauenvorsitzenden und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek dagegen -, zeigten eindrücklich, wie "traditionell" die Sozialdemokraten in Frauenfragen immer noch denken. Da ist es nur ein kleiner Schritt in Richtung völlige Ignoranz gegenüber Frauen, wenn es um Spitzenkandidaturen jeglicher Art geht. Über Brigitte Ederer wurde gleich zu Beginn der Debatte das Gerücht gestreut, die Ex-Siemens-Managerin, ehemalige Europastaatssekretärin, SPÖ-Bundesgeschäftsführerin und Wiener Finanzstadträtin wolle nicht. Bloß: Gefragt hat sie niemand ernsthaft. Bevor sich jetzt die Grünen ob ihres Reißverschlusssystems allzu gut fühlen: Einen Plan F wie Frau zu Alexander Van der Bellen gab es dort auch nicht.

Nun ist oft vom "Primat der Wirtschaft über die Politik" die Rede, davon, dass die Wirtschaft der Motor aller Modernisierung sei, hinter dem die Politik kläglich hinterhertrapple. Beim Thema Frauen in Führungspositionen sucht man danach aber vergeblich. In Österreich ist nur ein Zehntel aller Aufsichtsratsposten weiblich besetzt. In Deutschland müssen zwar, nach dem Willen von Kanzlerin Angela Merkel, seit 1. Jänner 30 Prozent der Sitze im Aufsichtsrat börsennotierter Unternehmen an Frauen vergeben werden. Das hat sie gegen große Widerstände in der eigenen Partei durchgesetzt. Aber: Bis dato ist der Eifer der Firmen, dieses Ziel zu erreichen, sehr überschaubar.

Welchen Schluss sollte frau aus all dem ziehen? Den Kampf um Gleichstellung muss wohl jede Frauengeneration neu führen. Fortschritt, Nachhaltigkeit, wenn es um Frauen geht? Fehlanzeige. (Petra Stuiber, 30.1.2016)