Wien – SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim hat sich am Dienstag erschüttert über die Aussagen des Rechtsschutzbeauftragten des Justizministeriums, Gottfried Strasser, gezeigt, denen zufolge die Begründung für die Einstellung im "Aula"-Strafverfahren unbedenklich sei. In einer Aussendung stellte er Strasser, aber auch das System an sich infrage.

"Aula"-Autor Manfred Duswald hatte Menschen, die aus Konzentrationslagern befreit wurden, als "Landplage" und "Massenmörder" bezeichnet. Die Staatsanwaltschaft Graz hatte das Verfahren gegen den Autor eingestellt. Begründung: Es sei "nachvollziehbar, dass die Freilassung mehrerer tausend Menschen aus dem Konzentrationslager Mauthausen eine Belästigung für die betroffenen Gebiete Österreichs darstellte".

Der Rechtsschutzbeauftragte Strasser habe – "beim heutigen Kenntnisstand über die Verbrechen der Nationalsozialisten in Konzentrationslagern" – zur Untermauerung seiner Position auf seine Kindheit in der Nähe des KZ und diesbezügliche Erinnerungen verwiesen, sagt Jarolim. Aus seiner Sicht ist hingegen Strafrechts-Sektionschef Christian Pilnacek voll und ganz zuzustimmen, der die Begründung der Verfahrenseinstellung durch eine Grazer Staatsanwältin als "unfassbar und menschenverachtend" bezeichnet hatte.

Strasser wiederbestellt

In diesem Zusammenhang stellt sich für den SPÖ-Justizsprecher die Frage, "ob Gottfried Strasser die geeignete Person für den Rechtsschutzbeauftragten der Justiz darstellt". Darüber hinaus müsse zumindest darüber diskutiert werden, inwieweit das System der Rechtsschutzbeauftragten verbessert werden könnte. Strasser war erst vergangenen Herbst für weitere drei Jahre wiederbestellt worden.

Verein Gedenkdienst empört

Auch der Verein Gedenkdienst zeigte sich am Dienstag empört. Man wolle nicht hinnehmen, dass 71 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges ehemalige KZ-Häftlinge in der "Aula" pauschal als "Landplage" und "Massenmörder" bezeichnet würden. "Es ist beschämend, in welcher Art hier über NS-Opfer geschrieben wird und dass es keine rechtlichen Folgen für den Autor und Herausgeber geben soll. Durch die Verfahrenseinstellung setzt die Staatsanwaltschaft Graz die NS-Logik indirekt fort, dass KZ-Häftlinge Kriminelle gewesen seien, und übersieht die Täter-Opfer-Umkehr des Autors", hieß es in einer Aussendung. (APA, 9.2.2016)