Im März 2011 ging das syrische Volk auf die Straße. In friedlichen Protesten drückte es seinen Wunsch nach demokratischen und wirtschaftlichen Reformen aus, in einem Land, das seit den frühen 1970er-Jahren unter der repressiven Herrschaft der Assad-Familie steht. Heute, fünf Jahre später, treffen wir uns in Genf, um zu diskutieren und möglicherweise über eine politische Lösung für den syrischen Konflikt zu verhandeln, während das Regime und seine Unterstützer weiterhin Tod und Zerstörung verbreiten.

Vor fünf Jahren hat das Assad-Regime auf die friedlichen Forderungen nach Änderung geantwortet, indem es hart gegen die Proteste durchgegriffen und entfesselte Gewalt gegen die Zivilbevölkerung angewendet hat. Bis 2016 hat der syrische Bürgerkrieg mehr als 250.000 Tote, vor allem Zivilisten, verursacht und zu mehr als zwölf Millionen Flüchtlingen innerhalb und außerhalb Syriens geführt. Die Zerstörung des Landes, seiner Infrastruktur, Schulen, Krankenhäuser und Häuser ist massiv.

Lange hat die internationale Gemeinschaft zugestimmt, dass dieser Wahnsinn ein Ende haben muss und es für Bashar Al-Assad in einem künftigen Syrien keine Rolle gibt. Die syrische Opposition, die ihre Kräfte im Hohen Verhandlungskomitee (HNC) vereint hat, entschied sich, der Einladung des Sondergesandten der Vereinten Nationen für Syrien – Staffan De Mistura – nach Genf zu folgen. Es war eine schwierige Entscheidung. Die fortgesetzte (ungestrafte) Verletzung von UN-Sicherheitsratsresolutionen und von humanitärem Völkerrecht durch das Assad-Regime und seine Unterstützer sowie das komplette Ausbleiben vertrauensbildender Maßnahmen demonstriert die Bösartigkeit des Regimes.

Das Aushungern der Zivilisten und die wahllosen Angriffe auf zivile Ziele durch das Regime, unterstützt von russischen und iranischen Streitkräften, muss aufhören. Wir sehen eine massive Beschleunigung des militärischen Vorstoßes auf Aleppo und Homs durch die Streitkräfte Russlands und des syrischen Regimes. Die Ziele sind – wie so häufig – überwiegend Zivilisten. Syrer fliehen verzweifelt vor dieser Aggression. Wir benötigen die internationale Gemeinschaft, um gegenüber Russland zu intervenieren und diese wahllosen Angriffe zu stoppen.

Es ist schwierig, einen diplomatischen Prozess zu beginnen, wenn nicht einmal die elementarsten Maßnahmen zur Vertrauensbildung getroffen werden: Erstens: ein Ende der Belagerung von Städten und Dörfern (Verhungern-oder-Aufgeben-Taktik) und die Zulassung von Lieferungen von Lebensmitteln und medizinischer Hilfe. Zweitens: der Stopp von Bombardements ziviler Ziele. Wir rufen unsere internationalen Partner – Regierungen und die Zivilgesellschaft gleichermaßen – auf, auf das Regime und seine Unterstützer einzuwirken, das Völkerrecht und zivilisatorische Mindeststandards zu respektieren.

Wir sind dankbar für die internationale humanitäre Hilfe und die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, den syrischen Konflikt zu einem Ende zu bringen. Gleichzeitig wird die internationale Gemeinschaft Schritt für Schritt selbst in die syrische Krise gezogen.

Syrische Flüchtlinge bilden einen bedeutenden Teil der Gesamtzahl der Flüchtlinge und anderer Einwanderer, die ihr Leben riskieren für ein besseres Leben, für den Schutz vor Tod und Verzweiflung. Nur eine nachhaltige Lösung, ein Übergang zu einem demokratischen Syrien, wird Europa von dem stetigen Strom von Flüchtlingen entlasten. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Wir möchten, dass unsere Bürger zurückkehren – ebenso wollen dies die syrischen Flüchtlinge und Vertriebenen selbst. Zurückkehren, um Syrien wiederaufzubauen und ihre Fähigkeiten und Talente für die Rehabilitation unserer Nation einzusetzen.

Wir stehen zusammen und haben – mehr als je zuvor – eine gemeinsame Mission. Wir zählen auf die Unterstützung unserer internationalen Partner, damit der Genfer Prozess Früchte trägt. Sich engagieren – in erster Linie – durch die Sicherstellung, dass humanitäre Hilfe die Menschen in Not in ganz Syrien ungehindert erreichen kann und dass die wahllosen Militäroperationen des Assad-Regimes und seiner Unterstützer aufhören.

Wir kamen nach Genf, um am demokratischen Syrien zu arbeiten. Wir wollen gute Regierungsführung, Achtung der Menschenrechte einschließlich der Gleichheit, Nichtdiskriminierung und Achtung der Stellung der Frau. Wir schätzen Syriens ethnische und religiöse Vielfalt und sind entschlossen, diese zu bewahren. Wir sehen ein Land mit Moscheen und Kirchen. Ein Syrien von Mohammed, Moses und Jesus. Ein Syrien für alle Syrer, errichtet auf Vergebung, nicht auf Rache.

Der Erfolg in Genf liegt nicht nur in unserer Hand – er ist auch in den Händen unserer internationalen Partner. Am Ende gibt es nur einen Verantwortlichen für die Gräuel: das Assad-Regime und die Staaten, die das Regime unterstützen. Sie verhindern eine nachhaltige Lösung für Syrien und kurbeln das Übergreifen des Konfliktes auf Nachbarländer und Europa an. Wir brauchen Frieden, um unsere Leute nach Hause zu bringen. Durch die Bombardierung durch Assad und seine Unterstützer sind die Gespräche in Genf bis zum 25. Februar unterbrochen. Für die kommenden Wochen erwarten wir, dass zumindest die Bombardierungen aufhören und humanitäre Hilfe geleistet wird. (Salem Al-Muslet, 10.2.2016)