Doha – Nach langem Sinkflug am Ölmarkt ergreifen Russland und Saudi-Arabien gemeinsam die Initiative zum Stopp des für sie ruinösen Preisverfalls. Die Energieminister der beiden größten Ölförder- und Export-Länder vereinbarten am Dienstag zusammen mit Katar und Venezuela, die Produktion auf dem Jänner-Niveau einzufrieren. Das Abkommen greift aber nur, wenn auch andere große Öl-Länder mitmachen.

Insidern zufolge wird der Iran vorerst nicht mitziehen. Der Irak signalisierte hingegen Bereitschaft, sich zu beteiligen. Auch wenn viele Investoren am Ölmarkt nicht mit einer raschen Trendwende rechnen, gab sich der Gastgeber der Konferenz optimistisch: "Wir glauben, dass dieser Schritt den Markt stabilisieren wird", so Katars Ölminister Mohammed bin Saleh al-Sada.

Der Wall Street gab diese positive Botschaft Auftrieb. "Das Einfrieren der Produktion ist der erste Schritt in Richtung einer Förderkürzung, die ich dann zum Ende des ersten Quartals erwarte", sagte Chefvolkswirt Peter Cardillo vom Handelshaus First Standard Financial. Die Talfahrt beim Öl hält wegen des riesigen Angebots bereits seit mehr als 18 Monaten an: Seither brach der Preis der richtungsweisenden Nordsee-Sorte Brent um rund 70 Prozent ein. Mit aktuell knapp 33 Dollar (29,50 Euro) je Fass ist es rund zwölf Prozent günstiger zu haben als zu Jahresbeginn.

Das Vierer-Treffen von Doha gilt als wichtiger Meilenstein auf dem Weg, die Talfahrt zu stoppen. Allerdings streben die Länder nur eine Stabilisierung der Produktion auf hohem Niveau an. Die Staaten der Organisation erölexportierender Länder (OPEC) förderten im Jänner 32,33 Millionen Barrel (jeweils 159 Liter) Öl pro Tag und damit 130.000 Barrel mehr als im Dezember. Und das Nicht-OPEC-Mitglied Russland, das tief in der Rezession steckt, hat zu Jahresbeginn sogar mit täglich 10,88 Millionen Barrel so viel Öl gepumpt wie seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion nicht mehr. In Russland machen Energieverkäufe etwa die Hälfte der Staatseinnahmen aus.

Vielen Förderländern, aber auch Unternehmen in der Branche steht das Wasser bis zum Hals. Einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte zufolge droht etwa einem Drittel der in dem Sektor tätigen Firmen noch in diesem Jahr das Aus. Der saudische Ölminister Ali al-Naimi hofft, dass nun Öl-Förderländer innerhalb und außerhalb der OPEC die Vorschläge übernehmen. Eine solche Kooperation hat es seit Anfang des Jahrhunderts nicht mehr gegeben.

Dass sich das saudi-arabische Königshaus auf die Initiative überhaupt eingelassen hat, lässt Experten bereits aufhorchen. NordLB-Ökonom Frederik Kunze verwies darauf, dass der hart geführte Kampf um Marktanteile auch durch die Preispolitik des OPEC-Riesen ausgelöst wurde: "Vor allem der Anschein, dass der Widerstand Saudi-Arabiens aufzuweichen scheint, mag den Rohöl-Notierungen langfristig helfen."

Innerhalb der OPEC hat sich vor allem die Regierung in Riad immer wieder gegen eine gedrosselte Produktion ausgesprochen. Das Kalkül: Die Förderung soll für Konkurrenten wie die Fracking-Firmen in den USA unrentabel werden, die zu dem Überangebot am Ölmarkt beigetragen haben. Beim umstrittenen Fracking wird Rohöl aus Schieferstein gelöst. Wenn diese Bohrfirmen aufgeben müssten, würde sich das Angebot verringern, was langfristig wieder für steigende Preise sorgen kann.

Doch mit dem Preiskampf hat sich Saudi-Arabien auch ins eigene Fleisch geschnitten: 2015 lief ein Haushaltsdefizit von 98 Mrd. Dollar auf. Unter den fallenden Öl-Notierungen hat Venezuela jedoch weit mehr gelitten. Es steckt wegen des Preisverfalls finanziell in argen Nöten. Fachleute befürchten, dass es Probleme mit dem Bedienen von Anleihen bekommen könnte.

Die Teilnehmer des Doha-Treffens wollen nun weitere Länder ins Boot holen. Am Mittwoch will der venezolanische Ressortchef Eulogio Del Pino in die iranische Hauptstadt Teheran reisen. Nach dem Ende der westlichen Sanktionen meldet sich der Iran, der Erzfeind Saudi-Arabiens in der Region, gerade zurück auf dem Ölmarkt. Insider verweisen darauf, dass die Produktion noch nicht auf dem Niveau ist, das vor Einführung der westlichen Strafmaßnahmen erreicht wurde. "Wenn wir dieses erreicht haben, sind wir auf dem gleichen Level und dann können wir reden", so ein Insider, der mit der Regierungslinie in Teheran vertraut ist. Aus dem Ölministerium in Bagdad verlautete hingegen, der Irak sei bereit sich an der Vierer-Initiative zu beteiligen, wenn OPEC- und Nicht-OPEC-Staaten zu einer Vereinbarung kommen sollten. (APA/Reuters, 16.2.2016)