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Tag für Tag drängeln sich zigtausende Autos im Berufsverkehr auf Österreichs Straßen. Mehr als jeder zweite Pkw fährt mit Diesel, der weniger besteuert ist als Benzin – zum Nachteil der Umwelt.

Foto: dpa / Rolf Vennenbernd

Wien – In Österreich wird viel Geld ausgegeben für Förderungen – oft mit unbeabsichtigten, nichtsdestotrotz aber nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt. Erstmals hat das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) im Auftrag des Klima- und Energiefonds (Klien) die Summen erhoben, und die sind selbst für die Verfasser der Studie "überraschend hoch".

Auf bis zu 4,7 Milliarden Euro summieren sich die in Österreich pro Jahr vergebenen Förderungen, die kontraproduktiv zur Erreichung der Klimaziele sind. "Es gibt einen großen Hebel, wo man ansetzen kann", sagte Wifo-Chef Karl Aiginger am Mittwoch.

Genauer unter die Lupe genommen haben die Verfasserinnen der Studie, Daniela Kletzan-Slamanig und Angela Köppl, die Bereiche Mobilität, Energie sowie Wohnen. Etwa die Hälfte der umweltschädlichen Subventionen entfällt demnach auf den Verkehrssektor, gefolgt vom Bereich Energie (gut ein Drittel). Etwa 14 Prozent der kontraproduktiven Subventionen sind dem Bereich Wohnen zuordenbar. Der Analysezeitraum umfasste die Jahre 2010 bis 2013.

Den größten Hebel, der noch dazu im nationalen Alleingang umgelegt werden könnte, ist die

  • steuerliche Begünstigung von Diesel. Eine Differenz von neun Cent je Liter (0,425 Euro Mineralölsteuer bei Diesel versus 0,515 Euro bei Benzin) ergibt einen Betrag von 640 Millionen Euro pro Jahr. Die Besserstellung des Diesel hatte zur Folge, dass der Anteil der dieselbetriebenen Pkws in Österreich zwischen 2000 und 2014 von 36,6 Prozent auf 56,7 Prozent gestiegen ist. Gleichzeitig haben sich die CO2- und Feinstaubemissionen stark erhöht. Bei einer Angleichung der Steuersätze könnte das zusätzlich eingenommene Geld für umweltschonende Zwecke eingesetzt werden. Dazu gehörten die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in Österreich, die ohnehin notwendig seien, die Steigerung der Energieeffizienz und der Ausbau von Infrastrukturen, die den Strukturwandel unterstützen.

  • Ein weiterer großer Brocken entfällt auf die Pendlerpauschale, sie schlägt im Jahresmittel mit 560 Millionen Euro zu Buche. Schädlich für die Umwelt sei die Pendlerpauschale insofern, als Personen, die mit dem Auto in die Arbeit pendeln, laut geltender Regelung stärker unterstützt werden als Benutzer von öffentlichen Verkehrsmitteln. Folge davon sei eine fortschreitende Zersiedelung, was nicht nur aus Umweltgesichtspunkten hinterfragenswert sei.

  • Die Energieabgabenvergütung für die energieintensive Industrie belief sich im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2013 auf 450 Millionen Euro jährlich. Aiginger spricht sich dezidiert gegen einen Deckel für die Industrie bei der Energieabgabe aus. Als Kompensation für die höheren Aufwendungen, die energiesparende Maßnahmen forcieren würden, spricht sich der Wifo-Chef für eine Kompensation der Industrie in Form von Forschungsunterstützung und Hilfestellung bei der Höherqualifizierung von Arbeitskräften aus.

  • Einen vergleichsweise hohen Betrag macht auch die Wohnbauförderung mit 275 Millionen Euro aus. Das Geld könnte auch hier besser eingesetzt werden als bisher, meint Aiginger. Vorbild sei Dänemark. Dort schreibt ein Gesetz vor, dass Neubauten nicht mehr mit Öl, Gas oder Kohle beheizt werden dürfen. Nur durch den schrittweisen, aber konsequenten Ausstieg aus fossilen Energien könne das im Dezember bei der Klimakonferenz in Paris vereinbarte Ziel erreicht werden, die Erderwärmung bei maximal 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen.

Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe anderer Förderungen, wo Österreich allein nichts ausrichten kann – beispielsweise bei der Mineralölsteuer-Befreiung von Kerosin. Immerhin knapp zwei Drittel der für die Umwelt kontraproduktiven Förderungen (2,3 bis 2,9 Milliarden Euro) seien aber national änderbar. Das sollte in einer neuen Klima- und Energiestrategie sowie bei einer ökologischen Steuerreform mitbedacht werden, sagte der Geschäftsführer des Klimafonds, Ingmar Höbarth. (stro, 17.2.2016)