Sie sind meist symbolbehaftet und exzentrisch, dennoch entsprechen die fotografischen Inszenierungen von Bettina Rheims selten dem, was erwartbar erscheint.

Aufschlagseite aus Bettina Rheims' "Retrospective", fotografiert von Lukas Friesenbichler

Voller Widerhaken und Kanten, voller Widersprüche und Irritationen, Provokationen, Zweideutigkeiten und Tabubrüche ist, trotz der vordergründigen Ästhetik, trotz der zweifellos schier unfassbaren Schönheiten, trotz der offenbarten sinnlichen Erotik, Bettina Rheims' reiches OEuvre. Seit mehr als dreißig Jahren übt sich die Französin darin, sich selbst und ihre Arbeit zu verändern, und perfektioniert sich darin, gängigen Klischees zu widersagen.

"Erwarte das Unerwartbare" könnte man ihr Schaffen umschreiben, und dennoch zieht sich eine klare Linie wie ein roter Faden durch ihre Arbeit. Unabhängig vom Bekanntheitsgrad ihrer Modelle, gleichgültig, ob sie Schauspielerinnen, Prominente oder "normale Leute von der Straße", aus Hinterhöfen, Striplokalen, aus der Demimonde des Zwielichts, der Off-Scene oder der Hochglanz-Glamour-Welt fotografiert, sie entwickelt ein bizarres Universum, das zwischen Fellini, Helmut Newton, Michelangelo und der Sixtinischen Kapelle angesiedelt ist. Heilig unheilig. Unheimlich. Skurril, bizarr, androgyn, Grenzen überschreitend, voller Fetische und Obsessionen.

Es sind wahrhaft Ikonen der Schönheit und Symbole des Lebens, aber nie in der Art aalglatter Magazinästhetik, die Teil und Ergebnis ihres Schöpfungsprozesses sind. Weggefährte und Partner Serge Bramly vergleicht Shootings der modernen "Renaissance-Malerin" mit einem Tango, wild und innig. Gleichzeitig interpretiert er auch transzendental: "Der Tod fasziniert die Fotografin, er ist die geheime Triebkraft ihrer Kunst. (...) Jedes Bild ist ein Memento mori." (Gregor Auenhammer, 20.2.2016)