Die Ärztekammer will bei der Primärversorgung stärker mitreden und stellt ihr eigenes Modell vor.

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Wien – Der Streit um die Primärversorgung (PHC) geht in die nächste Runde. Gegen das von der Gesundheitsministerin anvisierte PHC-Gesetz wehrt sich die Ärztekammer einmal mehr und stellt einen eigenen Plan unter dem Namen "Primärversorgung 2020" vor. Dabei sollen sich die (bestehenden) Ärzte besser vernetzen und nicht unbedingt mit anderen Gesundheitsberufen in Zentren zusammenarbeiten.

Johannes Steinhart, Vizepräsident und Obmann der Kurie für niedergelassene Ärzte, betont erneut, dass es aus seiner Sicht dazu nur kleinere Änderungen im ASVG- und im Ärztegesetz benötige. Denn Primärversorgung finde im niedergelassenen Bereich seit langem statt. Ein eigenes PHC-Gesetz ist laut Steinhart nicht notwendig, dennoch finden Ende der Woche Gespräche mit dem Gesundheitsministerium statt.

Ärztekammer sorgt sich um Hausarzt

Das Konzept der Standesvertreter sieht mehrere unterschiedliche Formen vor: Neben dem Hausarzt, der aus Ärztekammersicht natürlich beibehalten werden soll, sollen auch Gruppenpraxen und erweiterte Gruppenpraxen nebeneinander bestehen. Das Zentrum, wie es bereits in Wien-Mariahilf existiert, soll dabei eher die Ausnahme bleiben. Im Pilotprojekt PHC Mariahilf arbeiten Allgemeinmediziner gemeinsam mit anderen Gesundheitsberufen. Diese anderen Gesundheitsberufe will die Ärztekammer zwar nicht ausschließen, aber auch nicht unbedingt als integralen Bestandteil sehen – Vernetzung lautet hier das Schlüsselwort, etwa mit mobilen Krankenschwestern und Sozialarbeitern. Das soll jeweils den regionalen Gegebenheiten angepasst werden.

Dazu fordert Steinhart auch eine flexiblere Gestaltung der ärztlichen Zusammenarbeit, bei Bedarf – etwa in Grippezeiten – soll es erlaubt sein, dass Mediziner zeitgleich mit ihrer Vertretung Patienten behandeln.

Die angebotenen Leistungen, ob beim Hausarzt oder in der Gruppenpraxis, sollen im Rahmen des Gesamtvertrags abgedeckt werden. Doch das ist der Streitpunkt im geplanten PHC-Gesetz, das auch Einzelverträge zwischen den PHC-Einheiten und der Sozialversicherung vorsieht, um die Primärversorgung flexibler gestalten zu können und je nach Bedarf entweder Physiotherapien oder aber Diätologen einbeziehen zu können.

Hauptverband: Öffnungszeiten "von früh bis spät" festschreiben

Für den Hauptverband der Sozialversicherungsträger ist die bloße Vernetzung nicht ausreichend. Es sei wichtig, ein "verbindliches Leistungsangebot für Primärversorgungszentren" festzuschreiben. Dafür sei ein Gesetz notwendig, sagt Josef Probst, Generaldirektor des Hauptverbands, im STANDARD-Gespräch – auch, um Öffnungszeiten "von früh bis spät" zu ermöglichen.

Gesetzlich geregelt werden soll auch der Bedarf an Primärversorgung, hier sollen verschiedene Formen bestehen können. In der Stadt soll der Fokus auf Zentren liegen, auf dem Land soll aber auch die Vernetzung einzelner Praxen möglich sein.

Das soll zwar im Rahmen des Gesamtvertrags stattfinden, doch müsse dieser neu verhandelt werden, sagt Probst. Das Bezahlsystem sei veraltet. Der Hauptverband möchte hier mehr auf Pauschalen setzen. Dazu ist die Ärztekammer zwar grundsätzlich verhandlungsbereit, doch Steinhart meint: "Eine Pauschalabgeltung ist so gut wie ihre Kalkulation im Hintergrund." (mte, 23.2.2016)