Die Militärtransportmaschinen müssten für Abschiebeflüge umgerüstet werden, räumt Verteidigungsminister Doskozil ein.

Foto: Bundesheer/Pusch

So fühlt es sich im Rumpf der 29,79 Meter langen Hercules an: Es ist düster. Es ist eng. Es ist laut. Mit bis zu 106 Dezibel braust Lärm auf die Ohren ein, sobald die vier Propeller der Transportmaschine des Bundesheers auf Volltouren laufen. Ihre schmalen Sitzreihen – bloß mit reißfestem Stoff bespannte Metallstangen – beginnen unablässig zu vibrieren. An den langen Seitenfronten haben die Insassen mit dem Rücken zu den wenigen Bullaugen Platz zu nehmen – und damit seitlich zur Flugrichtung. Dazu schlängeln sich durch den gesamten Bauch der Hercules freiliegende Kabel und Schnüre.

"Der Gehörschutz ist zu verwenden!", befiehlt der Lademeister, bevor das rund 70 Tonnen schwere Flugzeug abhebt – und drückt jedem Passagier ein Paar Ohrstöpsel in die Hand. Kein Mensch leistet hier Widerstand. Doch demnächst sollen hier statt Soldaten andere Passagiere Platz nehmen – und zwar abgewiesene Asylwerber.

Seit Ausbruch der Flüchtlingskrise hat die Hercules innenpolitisch schon einigen Staub aufgewirbelt. Wie zuvor FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache forderte die blaue Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein vergangenen Sommer, Menschen ohne Aussicht auf Asyl doch mit diesen Militärtransportern abzuschieben, denn: "Dann könnten sie da drinnen schreien, so laut sie wollen."

Frontex schiebt gratis ab

Seit seinem Amtsantritt im Jänner trägt nun Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) dem Innenressort die rundlichen Flieger für Rückführungen an – auch wenn er "dort niemanden unwürdig reinpferchen" will, wie er versichert.

Bis Montag kreist nun ein Expertenteam um die Hercules, ob derartige Abschiebungen aus kostentechnischer, sicherheitsmäßiger und rechtlicher Sicht überhaupt Sinn machen. Denn Außerlandesbringungen auf dem Luftweg erledigt die EU-Grenzschutzagentur Frontex gratis.

Balanceakt Toilettengang

Für Österreichs UNHCR-Chef Christoph Pinter, wie DER STANDARD mit an Bord, wären derartige Abschiebungen ohnehin ein recht "auffälliger" Akt der Republik, wo man die Menschen doch wie bisher genauso gut in Maschinen ziviler Airlines setzen könne. Für das Rückführen von Familien hält er das militärische Gerät jedenfalls für "nicht geeignet", denn: "Der Lärm etwa ist sicher nichts für kleine Kinder."

Dazu gerät jeder Gang auf die Toilette zu einem Balanceakt – vor allem für Frauen. Hinter einem Duschvorhang thront derzeit auf einem stufigen Podest ein Campingklo. Völlig undenkbar, hier vielleicht einen Säugling zu wickeln.

Foto: Bundesheer/Pusch

Sicherheitsrisiko Kabelsalat

Die Hercules müsste für ihre neue Aufgabe wohl etwas umgerüstet werden, räumt auch Doskozil bei seinem eigenen Jungfernflug am Mittwochnachmittag ein – es sei denn, es fänden sich viele freiwillige Heimkehrer. Insgesamt, betont der Minister, sei man mit diesen Maschinen zeitlich "flexibler" als mit Frontex, Charter und Co. Allen voran gilt der Kabelsalat als Sicherheitsrisiko – doch ob der einfach so abgedeckt werden kann? Auf 8.000 Metern Flughöhe dreht der Bordtechniker jetzt regelmäßig mit Taschenlampe seine Runde – um immer wieder die pulsierenden Schläuche anzuleuchten und die Hydraulik zu kontrollieren.

Nach fünf Stunden Flugzeit setzt die Hercules laut, aber doch recht verlässlich auf. Durch die wenigen runden Fenster glänzen die Lichter von Beirut, Hauptstadt des Libanon, wo derzeit 1,2 Millionen Flüchtlinge aus den Nachbarstaaten ausharren. (Nina Weissensteiner, 3.3.2016)