Die unabhängige Kandidaten Irmgard Griss...

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traf am Freitagabend auf Einladung der Jungen Neos auf den von den Grünen unterstützten Alexander Van der Bellen.

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Wien – Beide Kandidaten wissen junge Liberale zu unterhalten. Sowohl Irmgard Griss als auch Alexander Van der Bellen ernteten einige Lacher, als sie am Freitagabend der Einladung der Junos, der Jugendorganisation der Neos, ins Audimax der Wirtschaftsuniversität (WU) folgten. Und obwohl schon sehr ausgiebig diskutiert, stieß auch jenes Thema auf großes Interesse, das von Griss mittlerweile als "die Strache-Frage" bezeichnet wird: Nämlich wer den FPÖ-Chef unter welchen Bedingungen als Bundeskanzler angeloben würde.

Insgesamt können sich die beiden Kandidaten nicht über mangelndes Interesse beklagen: Die Plätze im größten Hörsaal der WU waren binnen weniger Tage ausgebucht. Die Junos musste die Diskussion in weitere Hörsäle übertragen, wenngleich die offenbar nicht nur mit jungen Pinken gefüllt waren.

Duell der Seitenhiebe

Drei zufällig ausgewählte Besucher der Debatte sehen sich jedenfalls alle nicht als Neos-Fans. Thomas, 25, fühlt sich der ÖVP zugehörig, wenn er auch mit vielem in der Partei nicht zufrieden ist, wie er sagt. Um die Stimme des Medizinstudenten bei der Präsidentschaftswahl müssen Irmgard Griss und Andreas Khol kämpfen, wegen Griss ist er hier. Yasmin und Julia sind beide 25 und ebenfalls keine Neos-Anhänger, dafür bekennende Fans Van der Bellens. Die Filmredakteurin und die VWL-Studentin treffen hier keine Entscheidung, sie sind aus Interesse hier.

Geladen haben die Junos zum "Duell" – statt Revolvern oder Säbeln wählten die beiden Kandidaten aber Seitenhiebe aufs jeweilige Gegenüber. "Vielleicht rede ich zu schnell", konterte Griss etwa spöttisch, als Van der Bellen fälschlicherweise beanstandete, eine Frage wäre nicht an sie gestellt worden.

Wunschszenario Stichwahl

Abgesehen von solchen Neckereien betonte Griss erwartungsgemäß gleich zu Beginn ihre "wirkliche Unabhängigkeit" und schwärmte von ihrem "kleinen, motivierten Team, das nicht von einer Partei gestellt wird". Van der Bellen bemühte sich um Euphemismus und bezeichnete Griss als "unbefleckt vom Alltag des politischen Lebens", wurde aber fast grantig, als er sich gegen die von ihm wahrgenommene Unterstellung wehrte, er würde eine etwaige Position als Bundespräsident zur Durchsetzung grüner Personalwünsche missbrauchen.

Natürlich sei es angenehm, die finanzielle Basis und Organisation der Grünen im Rücken zu haben. Fast konziliant klang es dann, als der ehemalige Grünen-Chef – gefolgt von eifrigem Applaus – meinte: "Es soll Österreich nichts Schlimmeres passieren, als dass Frau Griss und ich in die Stichwahl kommen." Wohl das Wunschszenario vieler Neos-Wähler.

Überraschungskandidat

In vielen Themen waren sich dann Griss, Van der Bellen und das Publikum weitgehend einig. Die Unis müssten endlich ausfinanziert werden, auch mit Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen. Flüchtlingsobergrenzen sind verfassungsmäßig nicht drinnen, aber Grenzkontrollen seien schon in Ordnung – zur Not eben auch mit Zäunen. Und der Freihandel, der ist grundsätzlich schon etwas Gutes. So weit, so einträchtig.

Für Unterhaltung sorgte dann noch ein unangemeldeter dritter Kandidat: Der Journalist Adrien Luxemburg nutzte die Möglichkeit der Publikumsfrage, um auf sich und seine Internet-Domain aufmerksam zu machen – und darauf, dass ihn der ORF skandalöserweise vollkommen ignoriere. Auf Drängen von Moderator und stellvertretendem Landesvorsitzenden der Junos Wien, Yannick Shetty, fragte Luxemburg Van der Bellen und Griss, wie sie das Amt im Falle eines Wahlsiegs mit Leben zu füllen gedenken.

Englischkenntnisse: Trotz und Beweis

Vom unerwarteten Auftreten der Konkurrenz zeigten sich die beiden geladenen Kandidaten jedenfalls unbeeindruckt. Und – auf ihre jeweils eigene Art – auch von der Bitte, die Frage nach ihren Englischkenntnissen auch auf Englisch zu beantworten. Griss bekam für eine souveräne Kurzrede in steirisch angehauchtem Britisch heftigen Applaus. Van der Bellen verweigerte erst den Sprachwechsel – man müsse halt darauf vertrauen, dass er es schon könne: "I do know my English." (Sebastian Fellner, 4.3.2016)