Es wirft kein gutes Licht auf Familienministerin Sophie Karmasin, dass sie die Reform des Kindergelds für "gestorben" erklärt, weil sie sich mit dem Koalitionspartner in Detailfragen nicht einig wird. Dafür die ganze – dringend notwendige – Reform zu opfern offenbart politische Unprofessionalität.

Dieser Eindruck verschärft sich dadurch, dass ihr nicht einmal die Kollegen aus der eigenen Partei den Rücken stärken. Kurz nach Karmasins öffentlicher Trotzreaktion erklärte der schwarze Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, er sei zuversichtlich, dass zwischen den Ministerinnen bald wieder verhandelt würde. Soll heißen: Karmasin wird sich schon wieder einkriegen.

Die Familienministerin hat nun die Wahl zwischen zwei Übeln: Verhandelt sie doch weiter, ist sie eingeknickt, und Frauenministerin Heinisch-Hosek hat sich durchgesetzt – egal, wie groß deren inhaltliche Zugeständnisse sein müssten. Beharrt Karmasin auf ihrem Standpunkt und lässt die Reform sterben, bleibt einer der wenigen familienpolitischen Punkte im Regierungsprogramm unerfüllt – und Karmasin wäre als Ministerin gescheitert. In dieses Dilemma hat sich die Politikerin und frühere Meinungsforscherin selbst manövriert.

Aus der Privatwirtschaft sei sie ein Vorgehen wie das der SPÖ nicht gewöhnt, klagte Karmasin. Wenn das ein Problem für sie darstellt, hätte sie eben dort bleiben müssen.(Sebastian Fellner, 15.3.2016)