Matti Bunzl, Direktor des Wien-Museums, lebt mit Mann, Hund, CD-Sammlung und tausenden Büchern im zweiten Bezirk in Wien. Bloß die Kunstwerke sind noch in einem Lager in den USA eingebunkert.

"In dieser Wohnung bin ich aufgewachsen. Hier ruft jedes Eck jahrzehntealte Erinnerungen hervor. Für mich ist diese geschichtliche Aufladung sehr angenehm. Heute wohne ich hier mit meinem Mann Billy. Die Wohnung hat so an die 90 Quadratmeter, aufgeteilt auf drei Zimmer, befindet sich in einem nicht sonderlich aufregenden Sechzigerjahrebau und liegt zwischen Praterstern und Donaukanal, eine sehr schöne, zentrale Lage, wie ich meine.

Matti Bunzl in der Wohnung, in der er aufgewachsen ist. Einzig die Größe fehlt ihm im Vergleich zu seinem früheren Zuhause in den USA: "Wohin nur, wohin mit dem ganzen Zeug?"
Foto: Lisi Specht

Ich bin zwar Historiker, aber ich lebe nicht in der Vergangenheit, ich bin kein Nostalgiker. Sehr wohl jedoch bin ich ein Anhänger eines gewissen vertrauten Umfelds, denn im Grunde genommen bin ich in der Tiefe meines Herzens ziemlich konservativ – nicht politisch, sondern mehr was meinen Wohn- und Lebensstil betrifft. Schon als Kind bin ich gerne in der Aida gesessen. Und auch heute noch ist die Konditorei an der Ecke zur Praterstraße so etwas wie ein verlängertes Wohnzimmer für mich.

Ich liebe diese Wohnung. Vor sechs, sieben Jahren wurde sie saniert und bietet jetzt jede Annehmlichkeit, die man sich vorstellen kann. Zu den wenigen Dingen, die ich vermisse, zählt der Faktor Größe. Das soll jetzt nicht großkotzig klingen, aber in Illinois hatten wir ein Haus mit 450 Quadratmetern. Champaign, wo wir gewohnt und auch unterrichtet haben, ist eine reine Universitätsstadt mit einem riesigen Campus, rund zwei Autostunden südlich von Chicago, "in the middle of nowhere"! Entsprechend billig waren dort die Wohnpreise.

So eine Reduktion von 450 auf 90 Quadratmeter geht nicht ohne Schmerzen vor sich. Wir hatten zehntausende Bücher. Einen Großteil davon haben wir entweder verschenkt oder in unsere Chicagoer Wohnung mitübersiedelt, die wir immer noch haben. Ein Teil ist auch in irgendwelchen Lagerflächen in Wien eingemottet. Myplace-Storage ist mein bester Freund. Da haben wir zehn Quadratmeter angemietet, und die sind bis zur Decke vollgepackt. Ja, es tut weh. Immerhin haben wir die CD-Sammlung zur Gänze mitnehmen können. Wir haben im Wohnzimmer dieses CD-Regal anfertigen lassen, in dem die CDs in vier Reihen hintereinander stehen. Ich habe mir einmal ausgerechnet, dass da insgesamt 13.700 CDs Platz haben. Ein bisschen Reserven haben wir also noch. Das freut vor allem Billy. Er ist der Master of Music im Hause.

Wir haben beim Umzug aus den USA wirklich mit einer riesigen Masse von Zeug zu kämpfen gehabt. Die Möbel haben wir allesamt verkauft. Sich von alledem zu trennen, war ein eigenartiges Gefühl, denn im Grunde genommen veräußert man sein ganzes Hab und Gut bis zum letzten Kaffeehäferl, das die Wohnungsauflöser und Spediteure für einen verkaufen. Unser Wohnstil hier in Wien ist ganz anders, viel dunkler, viel straighter, viel unaufgeregter, viel konservativer als damals in Champaign.

Einziger Wermutstropfen ist die Kunst! Ich bin ein leidenschaftlicher Kunstsammler, und das Haus in Champaign war voll mit zeitgenössischer Gegenwartskunst aus dem Midwest. Wir haben uns da zehn Jahre lang richtig hineingetigert. Da sind wirklich großartige Werke dabei. Alles eingelagert und eingemottet, irgendwo in Chicago. Ich weiß nicht, was mit der Kunstsammlung geschehen soll. Ich habe kein konkretes Konzept, denn zumindest in den kommenden Jahren wird sich die Wohnsituation gewiss nicht ändern. Ich versuche mich damit zu arrangieren, dass ich nie wieder mit all unseren Büchern und Bildern unter einem Dach leben werde.

Zum Glück bin ich Historiker und damit bestens vertraut, dass manche Dinge vergehen. Ich bin kein materieller Mensch und werde daher früher oder später loslassen. Bloß stellt sich die Frage: Wohin nur, wohin nur mit dem ganzen Zeug? Habe ich schon gesagt, dass ich Storage-Räume großartig finde?" (Wojciech Czaja, 21.3.2016)