Laut einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) und der Universitäten Lausanne und Lissabon hängt der Erfolg rassistischer Propaganda nicht zuletzt vom Frauenbild des Zielpublikums ab.

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Nicht erst seit den Übergriffen in der Kölner Silvesternacht nehmen sich politische Kampagnen des Themas sexuelle Gewalt gegen Frauen an. Laut einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) und der Universitäten Lausanne und Lissabon handelt es sich hier weniger um einen Einsatz für weibliche Selbstbestimmung, vielmehr geht es darum, Männer mit Migrationshintergrund als Bedrohung für einheimische Frauen darzustellen.

Resonanzboden für Rechtspopulismus

Anhand der Wirkung von Darstellungen über angeblich sexuell bedrohliche Fremde untersuchte die ForscherInnengruppe den Einfluss des jeweiligen Frauenbildes des Betrachers/der Betrachterin auf rassistische Einstellungen. In Online-Experimenten in Deutschland und der Schweiz wurden die Reaktionen auf fiktive Darstellungen von Migranten als Kriminelle erhoben. Das Ergebnis: Ob eine rechtspopulistische Kampagne Erfolg hat oder nicht, liegt nicht zuletzt am Frauenbild des Zielpublikums. Diejenigen, die Frauen als zu Beschützende und Männer als ihre Beschützer ansehen, nehmen Migranten als sexuelle Bedrohung wahr.

"Ivan S., der Vergewaltiger"

Die Vorlage für die Online-Umfrage in der Schweiz und in Deutschland bildeten Sujets einer Kampagne der Schweizerische Volkspartei (SVP) von 2010. Damals warb die SVP für ein Referendum zur Verschärfung der Abschiebungsgesetze mit einer Plakatserie, die fiktive Personen als Kriminelle zeigte. Darunter stand die Frage, ob solche Personen die schweizerische Staatsbürgerschaft erhalten sollten. In der Plakatserie war auch ein fiktiver "Ivan S." als Vergewaltiger dargestellt.

Den rund 300 ProbandInnen wurden nun verschiedene Bilder von Männern mit Migrationshintergrund als Kriminelle präsentiert. Ob Migranten als Sexualstraftäter beschrieben oder mit anderen Straftaten in Verbindung gebracht werden, hat einen Einfluss auf die Rezeption dieser Bilder. Letzteres löst bei jenen negative Gefühle aus, die generell ihre Umgebung als bedrohlich wahrnehmen. Bei der Darstellung von Migranten als Sexualstraftäter hingegen haben solche Ängste weniger Gewicht. Hier spielt das jeweilige Frauenbild des Betrachters/der Betrachterin eine wichtige Rolle. Den ForscherInnen zufolge, ruft das Plakat mit der Zuschreibung Sexualstraftäter deutlich negativere Einstellungen bei denen hervor, die der Ansicht sind, dass Frauen das schwache, zu beschützende Geschlecht darstellen.

Gegenteiliger Effekt

Die Erhebung hat aber auch gezeigt, dass Kampagnen dieser Art unbeabsichtigte gegenteilige Reaktionen hervorrufen können. Wenn die Darstellung als absurd und unbegründet empfunden wird, können Haltungen gegenüber MigrantInnen dadurch auch umschlagen und längerfristig positiver werden. (red, 23.3.2016)