Zählt auf, was seinen Kandidaten auszeichnet: Lothar Lockl schätzt an Alexander Van der Bellen, dass dieser ein guter Zuhörer ist, der auch die Meinung jener achtet, die sich nicht durchsetzen können.

Foto: Regine Hendrich

Wien – Er ist nicht schwindelfrei, seiner Größe von 1,94 Meter zum Trotz. Und das hat die Karriere von Lothar Lockl beeinflusst: Als er während des Studiums zur Umweltgruppe Global 2000 gestoßen ist, da war klar, dass er nicht bei den spektakulären Aktionen mitmachen könnte. "Aber ein Mundwerk, das hat er", konzedierten die Mitstreiter – und überließen es dem jungen Lothar, mit Exekutivbeamten über gewaltfreien Protest zu verhandeln, wenn wieder mal eine Baustellenbesetzung oder Fassadenkletterei stattfand. Oder er redete mit Politikern, denen dann Petitionen übergeben wurden.

Mit Mock und Ederer verhandelt

Und nicht viel später ging es dann auch an das Inhaltliche, er verhandelte für die NGOs vor dem österreichischen EG-Beitritt, da war er gerade 25 Jahre alt, mit Alois Mock (ÖVP) und Brigitte Ederer (SPÖ) – "das war wahnsinnig schnell, dass man bei Global 2000 Verantwortung bekommen hat", sagt Lockl im Rückblick.

Ganz hat er das Schwindelgefühl nicht abgelegt, auch im vorigen Herbst ist ihm kurz schwindlig geworden, als sein alter Freund Alexander Van der Bellen angefragt hat, ob er im Falle des Falles das Management von dessen Kampagne übernehmen würde. Denn für Lockl war klar: Wenn man antritt, dann um zu gewinnen. Das hat er vom Schachspiel, das den 1968 Geborenen von früher Jugend an faszinierte und in dem er es in die Staatsliga gebracht hat.

Studium bei Heinrich Neisser

Lockls erster Berufswunsch war daher auch Schachprofi. Studiert hat er dann aber Landschaftsökologie, wechselte bald zur Politikwissenschaft, wo einer seiner Professoren der ÖVP-Politiker Heinrich Neisser war – der ihm zuredete, im politischen Geschäft zu bleiben. Von 1989 bis 1999 war er Sprecher und Kampagnenkoordinator bei Global 2000 – und während der Besetzung der Kraftwerksbaustelle in Lambach 1995 kam der grüne Nationalratsabgeordnete Van der Bellen vorbei, brachte etwas zum Essen mit und führte lange Gespräche mit den Besetzern.

Van der Bellen stieg zwei Jahre später zum Parteichef auf, wurde 1999 grüner Klubobmann und holte sich Lockl als Sprecher, später auch als Parteimanager ins Team. Die Aufgabe war, die Grünen kampagnenfähig zu machen und bei den Themen stärker zu fokussieren.

Eigene Kommunikationsagentur

Lockl blieb zehn Jahre – nachdem Van der Bellen die Parteispitze abgegeben hatte, gründete er eine eigene Kommunikationsagentur, hatte Zeit für Frau (die Journalistin Claudia Reiterer) und Sohn (10).

Nun also ist er zurück im politischen Kerngeschäft an der Seite des Kandidaten, mit dem er schon zu seiner Zeit in der grünen Bundespartei engstens befreundet war.

Bei der Kampagne knüpft er aber weniger an die Arbeit für die Grünen an, sondern an die Erfahrungen beim Gentechnikvolksbegehren vom April 1997. Damals galt es, für ein ziemlich abstraktes Thema zu mobilisieren. Die Umweltorganisationen schafften es, 1.225.790 Unterstützer zu gewinnen – das waren 21,23 Prozent der Wahlberechtigten, also weit mehr, als die Grünen je an Wählern hatten.

Lehren vom Gentechnikvolksbegehren

"Der Unterschied zu Nationalratswahlen ist riesig", sagt Lockl denn auch über den Präsidentschaftswahlkampf, "ich fühle mich in die NGO-Zeit zurückversetzt." Um Van der Bellen in den zweiten Wahlgang und womöglich gar zum Sieg zu führen, müssen wie beim Gentechnikvolksbegehren Menschen angesprochen werden, die ihr Lebtag noch nie Grün gewählt haben.

Über die Ressourcen der klassischen Wahlkampagnen sei das ohnehin nicht zu schaffen – aber Van der Bellen als jemanden zu positionieren, der gut zuhören kann und auch die Meinung der Minderheit achtet, das wäre möglich.

Bei keiner Position aufgeben

Die Herausforderung besteht darin, mit einem Minibudget – Lockl nennt als Maximum 2,5 Millionen Euro, von denen ein Teil für den erhofften zweiten Wahlgang budgetiert werden muss – auszukommen. Das hat bei ihm das erwähnte Schwindelgefühl erzeugt, "ich hab geglaubt, das kann sich nicht ausgehen". Aber dann siegte doch wieder der Schachspieler in ihm, der bei keiner Position aufgibt. (Conrad Seidl, 23.3.2016)