Wien – Neuerdings bekommen Arbeitslose aus dem EU-Ausland am Wiener Arbeitsmarktservice (AMS) ein Formular in die Hand gedrückt. Zu beantworten sind Fragen wie jene, ob die Ehefrau in Österreich oder vielleicht in Polen lebt. Oder wie oft nach Hause – vielleicht nach Ungarn oder in die Slowakei – gefahren wird. Es geht um die Klärung der Frage, wo der Lebensmittelpunkt der Betroffenen ist. Denn das AMS schaut in der Frage, ob jemand echter Grenzgänger ist genauer hin. Relevant ist die Sache deswegen, weil sich damit entscheidet, ob für die Leistungen bei Arbeitslosigkeit der Beschäftigungsstaat oder das Heimatland zuständig ist. Als echter Grenzgänger gilt, wer in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung ausübt und in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, in den er mindestens einmal wöchentlich zurückkehrt, täglich wäre besser.

Frage des Lebensmittelpunktes

Hintergrund ist eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshof (VwGH) vom März vergangenen Jahres, heißt es beim AMS Österreich. Ein Pole, der in Österreich arbeitete, fuhr nicht einmal wöchentlich nachhause, denn die Fahrzeit hätte vier Stunden betragen. Hier in Österreich bewohnte er ein Zwanzig-Quadratmeter-Zimmer, seine persönlichen Bindungen und sein Haus hatte er in Polen. Lebensmittelpunkt sei also Polen, beschied der VwGH. Also hatte er auch das (deutlich niedrigere) Arbeitslosengeld in Polen in Anspruch zu nehmen.

An der Frage, wann ein Lebensmittelpunkt als solcher anerkannt wird, scheiden sich auch die Gerichte. Es gab auch andere Entscheidungen. Im Zweifel geht es um Details wie Öffi-Jahreskarten, Handyverträge und darum, ob Betroffene nachweisen können, dass ihr Lebensmittelpunkt tatsächlich in Österreich war. Mitte 2014 bis Mitte 2015 belief sich die Zahl der Grenzgänger in Österreich auf 12.400. Die Gerichte arbeiten, das AMS ermittelt österreichweit. (Regina Bruckner, 25.3.2016)