Welch Unterschied! Am 16. November, drei Tage nach den furchtbaren Attentaten von Paris, hatte François Hollande als energischer Landesretter eine Rednertribüne erklommen, um mit starker Stimme zu erklären, ein Terrorist verdiene es nicht, Franzose zu sein. Mittwochvormittag musste er im Fernsehen kleinlaut und betreten bekanntgeben, er lasse den Plan fallen.

Die Franzosen verfolgten das politische Schattenfechten seit November konsterniert. Sie billigten zwar in Umfragen die Reformpläne, die auch eine rechtliche Verankerung des Ausnahmezustands vorgesehen hatten. Viel näher liegen ihnen aber Themen wie die Rekordarbeitslosigkeit. Und genau deshalb ist Hollande laut den Politbarometern so unbeliebt, wie kein Präsident vor ihm es jemals war.

Der Autoritätsverlust verstärkt den Eindruck, dass der Präsident nicht mehr Herr der Lage ist. Sein noch laufender Versuch, das französische Arbeitsrecht zu liberalisieren, bekommt zunehmend Schlagseite. Für heute, Donnerstag, rufen die Gewerkschaften zu neuen Protesten dagegen auf. Hollande geht es in dieser Sache ähnlich wie bei der Antiterrorreform: Er bringt die Linke gegen sich auf, ohne die Rechte zu gewinnen. Le Monde überschreibt ihre Donnerstagausgabe mit dem Titel: "Massive Zurückweisung François Hollandes durch die Linke". Selbst Parteifreunde raten ihm von einer neuen Kandidatur 2017 ab. Langsam muss man gar fragen, ob er bis dahin durchhalten kann. (Stefan Brändle, 30.3.2016)