Silvia Neumann, Initiative FemTech: "Ich habe schon den Eindruck, dass technische Berufsfelder noch sehr von männlichen Werten dominiert sind: Es geht um maximale Anstrengung, viel Arbeit und Konkurrenz."

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"Frauen wollen oft auch gar nicht in technische Berufe, weil sie sich dort allein fühlen", sagt Neumann.

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STANDARD: FEMtech gibt es seit rund zwölf Jahren. Wie haben sich die Herausforderungen für Frauen in der Technik in dieser Zeit verändert? Beim Ein- wie beim Aufstieg?

Neumann: Die Bedingungen haben sich wohl leicht verbessert. Ich habe allerdings schon den Eindruck, und das belegen auch Untersuchungen, dass technische Berufsfelder noch sehr von männlichen Werten dominiert sind: Es geht um maximale Anstrengung, viel Arbeit und Konkurrenz. Frauen müssen sich extra stark beweisen, um aufzusteigen. Sie wollen oft auch gar nicht in technische Berufe, weil sie sich dort allein fühlen. In der Geschäftsführung von Organisationen in den Bereichen Naturwissenschaft und Technik liegt der Frauenanteil in der außeruniversitären Forschung nach wie vor bei nur zehn Prozent.

STANDARD: Für den Erfolg sind gerade in männlich dominierten Berufsfeldern nachweislich auch Netzwerke wichtig. Auch FEMtech hält Netzwerkveranstaltungen ab.

Neumann: Deren Ziel ist es etwa, Neuigkeiten zu präsentieren und Studien vorzustellen. Die Teilnehmenden können sich kennenlernen und austauschen.

STANDARD: Die Forschung sagt aber, es sind nur gemischtgeschlechtliche Netzwerke hilfreich?

Neumann: Die zentrale Frage ist: Was will man erreichen? Reine Frauennetzwerke sind sehr hilfreich für den Austausch auf gleicher Augenhöhe. Es fällt leichter, andere um Rat zu fragen. Aber es stimmt, reine Frauennetzwerke sind nicht hilfreich, um die nächste Karrierestufe zu erreichen. Es gibt bestimmte Faktoren, die ein Netzwerk hilfreich machen.

STANDARD: Welche?

Neumann: Es muss aus einer Mischung von Personen aus unterschiedlichen Bereichen bestehen, die alle Phasen eines Entwicklungszyklus abdecken.

STANDARD: Was bringen Onlinenetzwerke wie LinkedIn, Xing?

Neumann: Das können tatsächlich sehr hilfreiche Instrumente sein. 2015 haben wir nicht zuletzt deshalb eine FEMtech-Gruppe auf LinkedIn gegründet. Unsere Erfahrungen waren bisher aber nicht sonderlich gut: Es braucht wahnsinnig viele Ressourcen, um dieses Netzwerk zu betreuen. Von den Frauen kommt leider recht wenig.

STANDARD: Es gibt auch eine FEMtech-Expertinnendatenbank, in der sich vor allem Expertinnen aus Naturwissenschaft und Technik registrieren können. Wie wird sie angenommen?

Neumann: Nach über zehn Jahren sind mittlerweile mehr als 1900 Expertinnen dort registriert. Sie werden angefragt, um Podien zu besetzen, Teil einer Jury zu sein, für Gutachterinnentätigkeiten, für Kooperationen. Natürlich wird die Anzahl der Registrierungen irgendwann stagnieren. Aber die ursprüngliche Idee hinter der Datenbank war ja vor allem, alle Fachfrauen erstmals zu sammeln und an einem gemeinsamen Ort sichtbar zu machen.

STANDARD: Stichwort Sichtbarkeit: Um diese zu erhöhen, wählen Sie eine "Expertin des Monats". Wie läuft das ab?

Neumann: Zu den Themen des BMVIT – Mobilität, Produktion, IKT, Energie, Weltraum und Sicherheit – werden drei Fachfrauen aus der Datenbank gesucht. Eine interdisziplinär besetzte Jury entscheidet schließlich, wer es werden soll. Die Expertin des Monats wird dann auf der FEMtech-Homepage vorgestellt, inklusive Imagevideo. Wichtig ist uns, nicht nur die Superfrauen vorzustellen, sondern auch "die Frau von nebenan". Besonders Junge und Frauen mit Migrationshintergrund.

STANDARD: Um zu zeigen: Auch sie sind in der Technik angekommen?

Neumann: Genau. Wir wollen Stereotype aufbrechen. Dazu unterstützen wir Role-Models, die mit Schülern und Schülerinnen arbeiten. Sie sollen Mädchen für Technik begeistern. Für Studentinnen gibt es Praktika, in denen sie in Forschungsprojekten mitarbeiten können. Das Problem: Wir haben zu Technik noch immer ein bestimmtes Bild im Kopf: ein älterer Mann im weißem Kittel, der im Labor steht. Wir wollen zeigen, dass auch junge Frauen als Technikerinnen arbeiten, Frauen in Führungspositionen sind. Und dass Forschung nicht nur im Labor stattfindet. Das sichtbar zu machen ist unser Anliegen. (Lisa Breit, 7.4.2016)