Komplexe gemeinsame Mission: Verteidigungsminister Doskozil und Kollegen wollen den Schutz der EU-Außengrenze verstärken.

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Wien – Im noblen Hilton-Hotel mit Glasfassade samt Blick auf die Donau packte Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) die unangenehme Sache mit seinen Amtskollegen aus fünf Balkanstaaten und der Visegrád-Gruppe der Union an. Bei dem Treffen der "Zentraleuropäischen Verteidigungskooperation", schon 2010 aus strategischen Gründen ins Leben gerufen, hing am Freitag in Wien vor allem dieses große Fragezeichen über dem Konferenzraum: Was ist zu tun, damit sich die Ereignisse von 2015 – gemeint war der unkoordinierte Flüchtlingsstrom entlang der Balkanroute bis nach Österreich, Deutschland, Schweden – ja nicht wiederholen können?

Komplexe Lage

Bei seinem Eintreffen erklärte Mazedoniens Verteidigungsminister Zoran Jolevski noch: "The mission is complex!" Aber: Die Grenze seines Landes zu Griechenland sei nun "stabilisiert". Damit das so bleibt, hielt seine slowenische Amtskollegin Andreja Katič fest, dass sich alle Staaten der Union jetzt "abstimmen müssen".

Gegen Mittag stand für die geladenen Osteuropäer und Österreich fest: dass ihre Ergebnisse als gemeinsame Linie an die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini übermittelt werden – und Doskozil übernahm als Gastgeber die Aufgabe, diese zu verkünden. "Ich habe selten eine derartige Einhelligkeit feststellen können", erklärte der Minister da – und ließ vornehm unter den Tisch fallen, dass sich die Visegrád-Staaten bei der Suche nach einer gerechten Verteilung der Asylwerber längst ausgeklinkt haben.

Frontex derzeit überfordert

Aber damit können nun auch die Verteidigungsminister von Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Polen offenbar gut leben: "Dass die europäische Grenzschutzagentur Frontex überfordert ist", wie Doskozils Befund lautete. Denn gerade einmal 400 Mitarbeiter sollen aktuell den Schutz der EU-Außengrenzen koordinieren, die Hotspots im Süden einrichten, wo Asylwerber zu registrieren sind, und auch noch die Rückführungen von Abgewiesenen in die Wege leiten. Die Conclusio von Doskozil & Co: dass das EU-Kollektiv eine neue "zivil-militärische EU-Mission zum Schutz der Außengrenze" brauche – derzeit vor Griechenland, aber wenn sich die Flüchtlingsströme verlagern, jederzeit auch anderswo, etwa in Bulgarien. Unterstützung für Mazedonien inklusive, damit der Balkan dicht bleibt. Dazu verständigte man sich auf die "Nutzung militärischer Ressourcen für Rückführungen", und: einen "verstärkten Austausch von Nachrichtendiensten" zu Schmugglern, Schleppern und Terroristen.

Fragwürdige Absenzen

Vertreter der deutschen Presse bohrten nach, warum ihre Ministerin Ursula von der Leyen nicht hier sei. Weil sie auf den Kanzleramtsminister verwiesen habe, erklärte Doskozil – und von dem habe er keine Rückmeldung erhalten. Ähnlich wäre es ihm mit dem griechischen Amtskollegen ergangen, der ihm abgesagt habe.

Details erst bei Beschluss

Details zum Mandat der Mission und möglichen Personalaufwand ließ sich der Minister nicht entlocken, denn einen Beschluss und Schlüssel dafür gelte es mit der Union auszubrüten, aber: Immerhin stelle das Bundesheer im Ausland zurzeit rund tausend Soldaten. Am Rande der Konferenz war dann noch zu erfahren: dass Österreich bei Frontex längst die Unterstützung durch fünfzig Soldaten "eingemeldet" habe – allerdings wurde bis heute kein einziger "abgerufen". (Nina Weißensteiner, 1.4.2016)