Wahlkampf auf rot-blauer Welle: FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache lobt im Überschwang das rot-blaue Burgenland und pflegt auch ehemalige rote Wähler in Kapfenberg.

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Eisenstadt/Kapfenberg – Die Sonne schien, das Eisenstädter Kulturzentrum strahlt sich gewissermaßen in die Mittagspause. Die hauptstädtische Feuerwehrkapelle musizierte, und Norbert Hofer saß auf der Einfriedung der alten Rossschwemme, ließ geduldig Journalistenfragen und Selfie-Wünsche über sich ergehen.

Drinnen, im gut gefüllten Saal des Kulturzentrums, war Hofer in seiner "bodenständigen Bescheidenheit" (Heinz-Christian Strache) direkter, wollte zum Beispiel nicht nur in Sachen Homo-Ehe "nicht um den heißen Brei herumreden". Wäre ihm wohl auch nicht gelungen, "ihr kennts mich ja". Der Burgenländer zelebrierte sein Heimspiel.

Hofers kleines Daham ist mittlerweile "Vorreiter", sagt sein Parteichef Strache und lobte ausdrücklich den roten Landeshauptmann Hans Niessl, wofür er ausdrücklichen Applaus des Saales erntete. Niessl habe mit Rot-Blau "die unselige Ausgrenzungspolitik" beendet, das sei auch "eine strategische Meisterleistung" der pannonischen Blauen gewesen.

Solcherart tut sich – befeuert von der Vorstellung des Einzugs in die Hofburg – eine staatstragende Wende-Perspektive auf. In der trat am Nachmittag das freiheitlich-pannonische Volk zum Parteitag zusammen. Bodenständig, aber wenig bescheiden. "Die Roten und wir!", so brachte ein Delegierter den blauen Spirit auf den Punkt. Landeshauptmannvize Hans Tschürtz begrüßte den pannonischen Präsidentschaftskandidaten denn auch "als offizielles Organ der burgenländischen Landesregierung". Mit mehr als 93 Prozent wurde Tschürtz wieder zum Landesobmann gewählt.

"Früher war ich eine Rote"

Rot-blaues Basisturteln auch am Samstag in Kapfenberg. Als alle Reden geschwungen waren und Heinz-Christian Strache noch Autogramme gab, wartete eine kleine Pensionistengruppe am Rand des Koloman-Wallisch-Platzes in Kapfenberg auf ihren Bus, der sie retour nach Wien bringen sollte.

Die älteren Herrschaften waren am Samstag extra aus Floridsdorf zum Präsidentschaftswahlkampfauftakt der FPÖ in die Steiermark gekommen. Einigen der wartenden Pensionisten ist der Namensgeber des Platzes, der steirische Arbeiterführer Wallisch, der 1934 in Leoben hingerichtet wurde, sicher nicht unbekannt. Zum Beispiel Florentine T.

Auch sie war mit ihrer Freundesrunde aus Wien angereist. Sie kennt sie genau, die Geschichte der SPÖ. "Früher", sagt sie, "habe ich immer SPÖ gewählt. Ich war eine Rote. Aber nur bis zum Kreisky. Heut' ist nix mehr mit die Roten", sagt Florentine T.

"Früher habe ich ja gar nix gewählt"

Freundin Herta B. bekennt, sie wähle nun auch schon länger die FPÖ. "Wissen S', früher habe ich ja gar nix gewählt. Ich hab ein G'schäft gehabt, und da hab ich es mir net leisten können, mit einer Partei zu sympathisieren. Ich hab ja alle Parteien als Kunden gebraucht." Aber jetzt sei sie schon lange in Pension und wähle blau, "weil es in Wien net mehr so weitergehen kann".

Florentine T. erinnert sich: "Mein Gott, früher, da hat's noch die Kinderfreunde gegeben, die SJ, den Hort für die Kinder, das war noch eine Partei, unterm Kreisky war's noch wunderbar. Aber dann sind die Nadelstreif g'kommen, keiner hat mehr mit 'Freundschaft' gegrüßt. Sie haben alles aufgelöst." Herta B. unterbricht: "Und jetzt nehmen s' uns Mindestpensionisten ollas weg, weil sie das Geld brauchen für die Tschuschen." Florentine T. pflichtet bei: "Ja, für die Ausländer. Ich hab 40 Jahre gearbeitet und krieg jetzt das gleiche Geld wie die, die jetzt hereinkommen nach Österreich."

"Ich bekomm nur 400 Euro Pension", wirft Frau Margarete N. ein, die mit ihrem Mann bisher nickend und schweigend daneben stand. Frage des STANDARD: "Und Sie glauben jetzt, dass mit Heinz-Christian Strache alles besser wird?" Alle wie im Chor: "Ja sicher, auf alle Fälle besser."

Florentine T.: Und wissen Sie auch warum? Weil er ehrlich ist, der sagt, wie es is'. Wir müssen uns heute in Wien von die Tschuschen ja sagen lassen, du alte Hitlerhure, du hast hier nix zum Reden. Es ist mein Ehrenwort, das haben sie zu mir gesagt."

Florentine T.: "Und was passiert, wenn einer a Frau angreift? Nix. Der gehört sofort in ein Flugzeug und ruckzuck. Und kastriert a gleich." Jetzt reden alle durcheinander: "Alle, die Frauen vergewaltigen, gehören kastriert. Dann hamma's fertig."

"... die Ausländer"

Herta B.: "Du traust dich in Wien ja gar net mehr außi am Abend."

Florentine T.: "Wir sagen Ihnen die Wahrheit. Wenn einer im Gemeindebau stirbt, kommt sofort ein Ausländer rein. Schauen S', meine Tochter war 20 Jahre schwer krebskrank. Und ich wollte, dass sie eine kleine Wohnung kriegt in Floridsdorf. Neben mir halt. Am Wohnungsamt hat es nur geheißen: Sie hat keinen Anspruch, weil sie in Niederösterreich wohnt."

Die Freundin hakt ein: "Mich haben Leute von der SPÖ angerufen und gesagt, ich hab eh eine größere Wohnung, ob ich net Wohnung tauschen würde, weil ich eh alleinstehend bin. Ich hab gesagt: Solange ich meinen Zins zahl, haben sie hier nix mehr verloren."

Der Bus kommt, und es geht zurück von der steirischen Arbeiterstadt in die rote Wiener Vorstadt Floridsdorf. (Walter Müller, Wolfgang Weisgram, 3.4.2016)