Karim ist aus Bagdad nach Paris geflohen. In der französischen Hauptstadt lebt bereits sein Onkel, dort will er studieren, aber auch Geld verdienen, um sich die Brüste entfernen zu lassen, die ihm während der Pubertät gewachsen sind. Der Schlepper allerdings lässt ihn in München aussteigen. Das Asylland ist nun Deutschland. Und Karims Leben spielt fortan in der bayrischen Provinz, findet statt zwischen Dönerbuden und Vorurteilen und besteht vor allem aus einem: aus Warten.
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Abbas Khider will seinen Roman "Ohrfeige" nicht als politischen Kommentar verstanden wissen. Seine Geschichte spielt auch nicht in der heutigen Zeit, sondern 2001. An den Mechanismen der Asylpolitik, die Khider lakonisch und durchaus humorvoll beschreibt, hat sich allerdings wenig geändert, was das Buch hochaktuell werden lässt. Dabei sei "Ohrfeige" aber, wie es in der STANDARD-Kritik heißt, "kein emotionales Ausschlachten" der Flüchtlingsschicksale. Vielmehr sei es ein "schalkhaftes Gustieren von "Situationen, die er präzise benennt und mit großer Leichtigkeit und Erzählfreude beschreibt".
Kein Platz im öffentlichen Raum
Protagonist Karim stellt sich kiffend auf dem Sofa vor, was er seiner Sachbearbeiterin alles sagen könnte. Diese Fantasie suggeriert auch, dass sie ihm im realen Leben nicht zuhören würde, dass Geflüchteten überhaupt selten bis nie eine Stimme im öffentlichen Raum zugestanden wird. Im Roman aber sprechen diese Stimmen laut und deutlich.
Was denken Sie?
Wie hat Ihnen "Ohrfeige" gefallen? Welche Aspekte des Romanes halten Sie für besonders diskutierenswert? Welche der geschilderten Situationen haben Sie überrascht? Mit welchen Figuren fällt Ihnen eine Identifikation leicht, mit welchen weniger? Welche Begebenheiten erscheinen Ihnen fiktiv, welche real? (jmy, 7.4.2016)