Eva Choung-Fux, Söhne 05, 1986
Schwarzweißfotografie auf Fotoleinen, bestickt, 48 x 58 cm

Foto: Eva Choung-Fux

Das Werk von Eva Choung-Fux umfasst viele Tausend Arbeiten, allein 1500 übergab sie 2012 dem Musa, das ihr nun eine Retrospektive widmet.

Foto: Michael Burghaus

Eva Choung-Fux, Cup of Memory 06, 1965
Linolschnitt, Öl auf Japan Handbütten, 56 x 46 cm

Foto: Eva Choung-Fux

"Wieso können Terroristen heranwachsen, wenn sie doch von Müttern aufgezogen werden?" Dies ist eine der Fragen, die Eva Choung-Fux in ihrer Arbeit "Mütter und Söhne" stellt. Die Schwarz-Weiß-Porträts entstanden 1972 bei einer Fotoreise durch Rumänien mit ihren Studierenden. Choung-Fux war damals die erste Unterrichtende für künstlerische Fotografie in Wien an der damaligen Akademie für angewandte Kunst. 1986, also 14 Jahre später, nahm sie die Bilder wieder zur Hand, bestickte, umgarnte sie, rückte ihnen abermals auf den Leib.

Diese Arbeit ist beispielhaft für das Werk der vielgereisten Wienerin (geb. 1935), die sich nie vor Veränderung scheute: Ihre Bilder stellen Fragen, immer wieder geht es darum, das Neuerlebte aufzunehmen, gleichsam zu inkorporieren. Themen beschäftigen sie über einen langen Zeitraum, sie arbeitet seriell und in Zyklen. Diese Arbeitsweise hat zur Folge, dass ihr Werk viele Tausend Arbeiten umfasst, allein 1500 übergab sie 2012 dem Musa, das ihr nun eine Retrospektive widmet. Diesem ist es hoch anzurechnen, dass es – wie schon im Fall der Künstlerin Margot Pilz – dem Lebenswerk einer zu wenig beachteten Künstlerin eine Personale widmet.

Keine Kunst ohne Erinnerung

In den 1960er-Jahren lebte Choung-Fux mit ihrem Mann und den beiden Kindern teils in Japan und Korea und wurde so auch zur profunden Kennerin asiatischer Kunst- und Kulturtechniken. Immer wieder ist es die Erinnerung, um die sich ihre Arbeit dreht: Sei es explizit politisch, wie in der Porträtserie "Menschen über Leben 1945 1995", die Holocaust-Überlebende zeigt, dem Zyklus "Rechnitz" (Mixed Media auf Erdprobe vom Ort des Massakers) oder implizit gesellschafts- und selbstkritisch, wie zum Beispiel in der Serie "Quo vadis": Hier lotet die Künstlerin auf sehr abstrakte Weise aus, wie jede noch so kleine Verschiebung des Blickwinkels eine Veränderung mit sich bringt. Im Verfahren des Transferdrucks bringt sie hier durch das Herauslösen des verwendeten Japanpapiers mit dem Mund noch ein Element ins Spiel, das ihre Arbeit über die Jahrzehnte mehr und mehr bestimmt: die Sprache.

Die Beschäftigung mit Literatur bedeutet für Choung-Fux ein Sichvergegenwärtigen: Sie beschreibt und überschreibt laut lesend teils großformatige Leinwände, abstrahiert so das Gelesene für die Betrachterin. Das Wort als Baustein zum Kunstwerk ist bei ihr immer auch ein Hilfsangebot. So ist auch der Titel der Ausstellung treffend gewählt: "Nach dem Ende der Welt". Man möchte hinzufügen: ein steter Neubeginn. (Tanja Paar, 8.4.2016)