Nicht nur einig in der Flüchtlingspolitik, sondern auch bei Geldforderungen: "Sicherheitsminister" Mikl-Leitner, Doskozil.

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Wien – Man führe gute Gespräche in amikaler Atmosphäre: So lautet die offizielle Standard-Auskunft, die dieser Tage aus den Ministerien dringt. Doch hinter den Kulissen geht es nicht nur harmonisch zu. Wie jeden Frühling muss das Finanzministerium einen Budgetplan für die kommenden vier Jahre vorlegen – und wie immer verlangen die Ressorts mehr Geld, als ihnen der Herr übers Budget zugestehen will.

Diesmal haben einige Ressorts allerdings ein besonderes Argument bei der Hand: Flüchtlingsandrang und Terrorgefahr verursach(t)en unvorhergesehene Kosten. Noch etwa zwei Wochen haben die Minister Zeit, zusätzliche Mittel herauszuschinden, ehe der Ministerrat den neuen Finanzrahmen am 26. April beschließt.

Kurz scheint Erfolg zu haben

Eine Wunschliste hat Sebastian Kurz deponiert – dem Vernehmen nach mit Erfolg. Der Außenminister, ebenso wie Schelling aus der ÖVP, dürfte eine Erhöhung der Auslandshilfe (zuletzt 872 Millionen Euro) und des Budgets für bilaterale Kooperationen (zuletzt 97 Millionen Euro) erreicht haben. Offen war zuletzt, ob es auch für Integrationsmaßnahmen in seinem Ressort (zuletzt 60 Millionen Euro) die von ihm via STANDARD geforderte massive Steigerung geben wird: Kurz verweist auf einen deutlichen Mehraufwand durch die hohe Zahl der Flüchtlinge im Land. Gelder aus diesem Topf gehen vor allem in die Finanzierung von Deutsch- und Wertekursen.

Einen massiven Mehrbedarf hat auch Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) angemeldet: Auf die nächsten vier Jahre verteilt soll Schelling dem finanzmaroden Militär insgesamt rund eine Milliarde Euro zusätzlich zugestehen. Das derzeit veranschlagte Budget liegt bei etwas mehr als zwei Milliarden Euro pro Jahr.

Für die Endphase der harten Verhandlungen mit dem Finanzminister hat Doskozil ein Atout im Ärmel: jenen Allparteienantrag des Parlaments vom November, laut dem angesichts der neuen Lage das rigide Sparpaket für das Bundesheer überdacht gehört.

Doskozil will Ausrüstung

Doskozil argumentiert, dass er den Anteil der einsatzbereiten Berufs- und Zeitsoldaten verdreifachen, konkret von 2200 auf 6000 Mann steigern will, weil die Soldaten durch Unterstützungsleistungen in der Flüchtlings- krise und Assistenzeinsatz an der Staatsgrenze jetzt schon an die "Kapazitätsgrenze" gelangen. Weil in der Folge mehr Übungen – vor allem im Hinblick auf mögliche Attentate – abgehalten werden sollen, brauche es auch mehr Mittel.

Überdies will Doskozil für den Worst Case mehr Dingos, also gepanzerte Fahrzeuge. Ebenfalls gewünscht: drei zusätzliche Black-Hawk-Haubschrauber für Katastrophenfälle, ein Nachfolgerflugzeug für die betagten Saab-Modelle und ein Update für die Hercules-Transportmaschinen. Die ausgelaugte Truppe benötigt dringend moderne Schutzausrüstung wie etwa Kampfhelme und Sturmgewehre – von den schäbigen Kasernen, von denen viele nicht bloß einen neuen Anstrich bräuchten, ganz zu schweigen.

Im Gegenzug zu den Investitionen verspricht Doskozil einen Heeresumbau, der den Verwaltungsaufwand minimieren soll.

Lücke bei Heinisch-Hosek

Die Flüchtlingsfrage hat auch die Wünsche von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) nach oben geschraubt. Letztere bekam aus dem Integrationstopf zwar bereits 24 Millionen extra für die Sprachförderung von Flüchtlingskindern gewährt, rechnet aber mit tatsächlichen Mehrkosten von 64 Millionen. Dazu kommt noch die alljährlich klaffende "strukturelle" Lücke im Budget, die das Ressort damit erklärt, dass die Länder mehr Lehrer anstellten als im Postenplan vereinbart und Lehrergehälter zu niedrig budgetiert seien. Heinisch-Hosek bezifferte das heurige Minus mit 550 Millionen.

Schelling selbst gibt sich offiziell ebenso zugeknöpft wie seine Regierungskollegen, die von ihm bereits genannten Prioritäten für den Finanzrahmen lassen aber auf eine gewisse Kulanz schließen: Neben der Finanzierung der Steuerreform und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wurden auch Sicherheit und Verteidigung sowie Flüchtlinge und Integration zu offiziellen Schwerpunkten erkoren. (Gerald John, Michael Völker, Nina Weißensteiner, 8.4.2014)