Sigmar Polke oder Gerhard Richter brauchen René Block nicht mehr, daher unterstützt er nun junge türkische Kunst – wie jene von Aydan Murtezaoğlu ("Untitled (Antenna)" aus dem Jahr 2000).

Foto: Sammlung Block

Mit kaum einem Oeuvre ist der umtriebige Kunstgeist René Block so eng verbunden wie mit jenem Joseph Beuys'. Dieses Bild entstand 1979 im Rahmen der Abschlussausstellung von Blocks Berliner Galerie mit dem Titel "Ja, jetzt brechen wir hier den Scheiß ab".

Foto: Christine Hartmann

Plakate, Notizen, Arbeiten bilden die Ausstellung "Ich kenne kein Weekend".

Foto: Reinhard Haider

Wenn Block seine Sammlung ausstellt, ist es ihm wichtig, den Netzwerk-Charakter zu erhalten.

Foto: Reinhard Haider

Linz – Vierundzwanzig Schlitten, bepackt jeweils mit eingerollten Filzdecken, Fett und einer Lampe, streben aus dem geöffneten Heck eines VW-Busses in den Raum: The pack (das Rudel) heißt eine Installation von Joseph Beuys, deren Verkauf auf dem Kölner Kunstmarkt 1969 das Selbstbewusstsein der deutschen Kunstszene nachhaltig verändern sollte.

Als 30.000 DM geboten wurden, hätte Beuys angenommen. Sein junger Galerist allerdings legte sich quer. Er wollte nicht einsehen, dass sechsstellige Verkaufssummen den Stars aus Amerika vorbehalten sein sollten. 110.000 DM verlangte erexakt so viel, wie auch für Bilder Robert Rauschenbergs und Andy Warhols veranschlagt wurde. Mit Erfolg.

"Kampfgalerist" und VW-Bus-Stifter

Der gerade einmal 27-jährige Galerist (und im Übrigen auch vormalige Besitzer des von Beuys verwendeten VW-Busses) hieß René Block. Und sein Coup, mit dem er maßgeblich dazu beitrug, die deutsche Nachkriegskunst symbolisch auf Augenhöhe mit der US-amerikanischen zu bringen, war nur ein Beitrag von vielen zu deren Gedeih.

Geboren 1942, war Block Anfang der 1960er-Jahre aus dem Rheinland nach Berlin gekommen, und hatte sich dort bald einen Namen gemacht. Er war das, was man heute wohl einen Netzwerker nennen würde: Getrieben von Leidenschaft für Kunst abseits des Mainstreams, eröffnete er 1964 eine Galerie, die er gelegentlich auch "Kampfgalerie" nannte, und mit der er jüngere Künstler wie Sigmar Polke, Gerhard Richter, Konrad Lueg oder KP Brehmer förderte. Im Atelier von Wolf Vostell begegnete Block Beuys, mit dem ihn zeitlebens – Beuys starb 1986 – eine enge Freundschaft verband.

Ein umfänglicher Dunstkreis

Mit einer Zeitreise in diese Tage startet die Ausstellung Ich kenne kein Weekend im Linzer Lentos. Sie bezieht sich aus der Sammlung und dem Archiv Blocks, ermöglicht, den umfänglichen Dunstkreis seiner Galerie zu erforschen. Neben Dokumentationen, Fotos, Videos von Aktionen und Ausstellungen finden sich auch Briefe oder Zeitungsberichte.

Erzählt wird etwa von Blocks nachdrücklichem Bestreben, die Performance- und Aktionskunst in Deutschland zu etablieren. Er ermöglichte eine partizipative Aktion Vostells, bei der das Publikum durch bemalte Autos auf einem Schrottplatz kroch. Oder er organisierte das politisch engagierte Happening Sweet Wall des US-Amerikaners Allan Kaprow, bei dem auf dem Potsdamer Platz eine Mauer aus Ziegeln, Brot und Marmelade errichtet wurde.

"I like America and America likes me"

Indem Block auch Künstler wie Nam June Paik, Stanley Brouwn oder John Cage einlud, brachte er die Fluxusbewegung und deren Ideen nach Deutschland; etwa jene der "fließenden Übergänge" – nicht nur zwischen Leben und Kunst, sondern auch zwischen den künstlerischen Disziplinen. Andererseits richtete Block in New York eine Galerie ein. Zur Eröffnung zeigte Beuys die Aktion I like America and America likes me, die sein Image als Kunstschamane wesentlich mitprägte: Der Künstler sperrte sich drei Tage und drei Nächte lang mit einem Kojoten, einem Symboltier der Ureinwohner, ein.

Die Schau im Lentos bordet über vor großen, aber auch kleinen und kleinsten Geschichten. Diese zu entdecken ist eine große Freude, aber auch mühsam: So manches Stück aus der Block’schen Korrespondenz etwa hätte man ganz gut außen vor lassen können, um den vielen erkenntnisreichen Pointen mehr Raum zu geben.

Leidenschaftlicher Förderer

Bereits 1979 schloss Block seine Galerie in Berlin wieder. Ich kenne kein Weekend erzählt aber auch von der Zeit danach: Block kuratierte diverse Biennalen, ging weiter seiner Leidenschaft nach, junge Kunst zu fördern. 2008 eröffnete er – neuerlich in Berlin – einen nichtkommerziellen Raum für türkische Gegenwartskunst. Die Künstler der 1960er-Jahre, so meinte er einmal, brauchten seine Hilfe ja jetzt nicht mehr.

Übrigens zeigt die Schau im Lentos René Block auch als Pionier der Multiples: So nennen sich in hoher Auflage hergestellte Kunstwerke, die im Gegensatz zu Unikaten erschwinglich sein sollten. Schon seit seinen Anfangstagen in Berlin hatte Block die Idee der Demokratisierung der Kunst verfolgt. Abseits des Kölner Kunstmarktes hatte er es durchaus nicht immer auf sechsstellige Verkaufspreise abgesehen. (Roman Gerold, 12.4.2016)