Rund 2.500 Kinder aus Flüchtlingsfamilien besuchen derzeit Wiener Pflichtschulen.

Foto: Christian Fischer

Wien – Wien hat so manche sogenannte Brennpunktschule. An mehr als der Hälfte der Schulstandorte in Wien sei die soziale Herausforderung "hoch oder sehr hoch", sagte der Wiener Stadtschulratspräsident Jürgen Czernohorszky am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Zum Vergleich: Im Burgenland gelte das für keine, in Niederösterreich für acht Prozent der Schulen.

Bildungsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) zufolge sprechen in Wiens Neuen Mittelschulen zudem fast sieben von zehn Schülern nicht Deutsch als Muttersprache. Das berge einige "besondere Herausforderungen", wie in vielen Großstädten. David Ellensohn, Bildungssprecher der Grünen, zeigte Verständnis dafür, dass Lehrer "täglich an ihre Grenzen stoßen". Daher soll es mehr Unterstützungspersonal für Lehrer geben.

Ein Expertenbeirat soll bis zum Sommer ein Konzept ausarbeiten, mit wie vielen Personen welcher Profession die 100 neuen Stellen in den Schulen besetzt werden sollen, sagte Frauenberger. Eigentlich bräuchte es eine Schulfinanzierung nach sozialem Index, sagte sie. Das unterstützende Personal soll sich aus Sozialarbeitern, Psychologen und Personal aus dem administrativen sowie dem Gesundheitsbereich zusammensetzen und im kommenden Schuljahr nach und nach zum Einsatz kommen.

"Nur die Spitze des Eisbergs"

Dass der Hut brennt, machten Statements von Experten deutlich, die bei dem Pressegespräch mit auf dem Podium. Derzeit gibt es in Wien 25 Schulpsychologen und 27 Schulsozialarbeiter. Diese könnten sich nur um "die Spitze des Eisbergs" kümmern, waren sich Schulsozialarbeiter Oliver Steingötter und die Leiterin der Schulpsychologie in Wien, Brigitta Srncik, einig. Präventionsarbeit sei de facto nicht möglich – zumal teilweise auch eine Sprachbarriere bestehe. "Das ist ein Problem, wir bräuchten mehr Mitarbeiter mit entsprechender Muttersprache", sagte Steingötter.

Sechs Teams bis Jahresende

Neben den Sozialarbeitern und Psychologen sind derzeit auch insgesamt 213 Beratungslehrer und Betreuer sowie rund 600 Begleitlehrer in den Schulen unterwegs. Von den 24 Millionen Euro, die das Unterrichtsministerium für Integrationsmaßnahmen für schulpflichtige Flüchtlinge erhalten hat, bekomme Wien Geld für sechs zusätzlich einsetzbare Teams, bestehend aus je einem Sozialarbeiter, einem Sozialpädagogen sowie einem Schulpsychologen. Diese seien allerdings nur bis Ende 2016 finanziert. Wien hat zudem seit Beginn und angesichts des Flüchtlingsandrangs 86 Lehrer neu angestellt, für etwa 80 bekomme man Geld vom Bund, hieß es am Donnerstag. Man werde aber noch mehr brauchen.

2500 Kinder aus Flüchtlingsfamilien

Laut Angaben des Stadtschulrats besuchen derzeit rund 2.500 Kinder aus Flüchtlingsfamilien die Wiener Schulen. 17 Klassen sind keine gemischten, sondern bestehen ausschließlich aus Flüchtlingskindern. In drei Flüchtlingsunterkünften in Wien gebe es zudem eigens direkt am Standort eingerichtete Schulklassen mit durchmischter Altersstruktur.

Neben dem Zusatzpersonal fange nun als Begleitmaßnahme für Lehrer an der Pädagogischen Hochschule eine Fortbildungsreihe zu "Schule und Migration" an, sagte Frauenberger. Zusätzlich erinnerte sie an die Sommersprachkurse für Kinder mit mangelnden Deutschkenntnissen und Gratisnachhilfe für Problemschüler im Rahmen der Initiative "Förderung 2.0". (Gudrun Springer, 14.4.2016)