Der Krieg gegen die Huthi-Rebellen wird vor allem aus der Luft geführt: im Bild zerstörte Häuser in der Hauptstadt Sanaa, die auf der Weltkulturerbe-Liste der Unesco steht. Es gibt auch viele zivile Opfer.

Foto: AFP / Mohammed Huwais

Sanaa/Kuwait-Stadt/Wien – Die Jemen-Gespräche unter Uno-Vermittlung, die am Montag in Kuwait-Stadt beginnen, sind die erste reale – wenngleich schwache – Hoffnung seit Kriegsbeginn. Die beiden Konfliktseiten setzen diesen unterschiedlich an: die Regierungstreuen im September 2014, als die Huthi-Rebellen die jemenitische Hauptstadt Sanaa unter ihre Kontrolle brachten und die Regierung verjagten; die Rebellen im März 2015, als eine saudisch geführte Koalition im Jemen eingriff und die Huthis in den Monaten darauf aus Aden vertrieb und weiter zurückdrängte.

Sanaa ist jedoch noch immer in der Hand der Huthis, auch Ansarullah genannt, die international anerkannte Regierung sitzt in Aden. Auch wenn die Huthis viel an Terrain verloren haben, geschlagen sind sie nicht.

Angriffe über die Grenze

Vor allem werden ihre erfolgreichen Angriffe über die Grenze hinweg auf saudi-arabisches Territorium zunehmend zur Peinlichkeit für Riad. Das macht den Friedensprozess einerseits dringlicher, andererseits schwieriger für die Saudis, die hinter den zaiditisch-schiitischen Huthis den langen Arm des Iran sehen.

Saudi-Arabien hat jedoch eindeutig Interesse daran, den teuren Krieg, der in eine Zeit der Budgetknappheit wegen des niedrigen Ölpreises fällt, zu beenden. Auch die westlichen Unterstützer der saudischen Kriegsallianz, USA, Großbritannien und Frankreich, üben Druck aus, denn der Krieg wird ohne jegliche Rücksicht auf die Zivilbevölkerung geführt – mit US-Waffen. Die meisten zivilen Opfer gehen laut Uno auf das Konto der saudischen Luftangriffe.

Brüchiger Waffenstillstand

Der am 10. April verkündete Waffenstillstand wird häufig verletzt, hat jedoch die Kriegsmaschinerie immerhin ins Stocken gebracht. Vor den Gesprächen in Kuwait erhob die von Saudi-Arabien unterstützte jemenitische Regierungsseite wieder die Forderung nach sofortiger Umsetzung von Uno-Sicherheitsratsresolution 2216 (April 2015), die die Entwaffnung und den Rückzug der Huthis in ihre Kerngebiete verlangt. Das ist aber unrealistisch – und wird höchstens das Resultat des Friedensprozesses sein.

Was die Verhandlungen erschwert – und sich als Gefahr für künftige Vereinbarungen erweisen könnte -, ist die Heterogenität beider Seiten. Die Huthis, die einer Sondergruppe der Schiiten angehören, befinden sich in einer Allianz mit dem 2012 entmachteten Expräsidenten Ali Abdullah Saleh, ihrem früheren Gegner. Was aus Saleh werden soll, ist unklar, er ist in die Gespräche nicht eingebunden, wohl aber seine Partei, die GPC (Kongresspartei). Eine Spaltung der Aufstandsbewegung ist möglich.

Genauso fraglich ist, ob Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi, dessen Rückkehr nach Sanaa die Saudis betreiben, alle Anti-Huthi-Kräfte kontrolliert. Sie haben nur die Ablehnung der Huthis gemeinsam; ihr Spektrum reicht von Islamisten, Stammesmilizen bis zu südlichen Separatisten.

Hadi ist an und für sich ein eher schwacher Politiker, er wurde 2012 nur als Übergangspräsident bis 2014 eingesetzt. Nun hat er sich aber in einem Machtkampf mit seinem Vizepräsidenten und Premier Khaled Bahah durchgesetzt und diesen entlassen. Bahah galt als – zu – gesprächsbereit. Als Bahahs Nachfolger kehrte General Ali Mohsen auf die politische Bühne zurück, der nach 2004 für Präsident Saleh den – damals auf die nördliche Provinz Saada beschränkten – Huthi-Aufstand bekämpfte und später zum größten Rivalen Salehs wurde. Seine Ernennung ist ein Signal, dass Hadi nicht wirklich zu Kompromissen bereit ist: Dazu wäre Druck aus Saudi-Arabien nötig.

Jemenitische Muslimbrüder

Die Sache wird noch komplizierter dadurch, dass auch in den arabischen Staaten innerhalb der saudisch geführten Koalition Differenzen bestehen: Manche sehen mit Unbehagen, dass Saudi-Arabien seine früheren Vorbehalte gegen die jemenitischen Muslimbrüder, die Islah-Partei, abgelegt zu haben scheint.

Von westlicher Seite lautet ein weiteres Argument für eine Beendigung des Konflikts, dass es bisher nur einen echten Profiteur gibt: Al-Kaida und den "Islamischen Staat". Die von der Koalition befreiten Gebiete werden oft von islamistischen Terrorattacken erschüttert. Die Regierungskontrolle ist sehr schwach, auch die Ersatzhauptstadt Aden wird praktisch von Milizen kontrolliert. (Gudrun Harrer, 18.4.2016)