Angesichts des neuen Budgets für das Bundesheer sichtlich erleichtert: Verteidigungsminister Doskozil und Generalstabschef Othmar Commenda.

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Informierte auch schon seine Kommandanten über den erfolgreichen Abschluss der Budgetverhandlungen: Minister Doskozil.

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Wien – Die lange Durststrecke des Bundesheers, jahrzehntelang von einer Reihe schwarzer Finanzminister verordnet, ist beendet: Am Donnerstagabend konnten Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) und Generalstabschef Othmar Commenda bei einem Hintergrundgespräch verkünden, dass Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) vor allem für die finanziell ausgedünnte Truppe bis 2020 tatsächlich 1,3 Milliarden Euro mehr an Budgetmitteln lockergemacht hat.

Der oberste Militär des Landes dazu sichtlich erleichtert: "Ich habe nicht geglaubt, dass ich das noch einmal erleben darf." Der Minister sprach von einer "Trendwende", übte sich aber auch demonstrativ in Bescheidenheit: "Ich bin zufrieden, aber das ist nicht mein Erfolg, das ist ein Erfolg unserer Soldatinnen und Soldaten. Sie haben in den letzten Monaten gezeigt, wie wichtig sie sind und dass wir sie brauchen." Dazu bedankte sich Doskozil ausdrücklich bei "Bundeskanzler, Vizekanzler und Finanzminister für die große Unterstützung".

Bessere Ausrüstung für Grenzeinsatz

Angesichts des anhaltenden Assistenzeinsatzes an der Grenze, weil dort in den kommenden Monaten wieder mit einem höheren Flüchtlingsandrang zu rechnen ist, soll noch heuer in die Ausrüstung der Soldaten investiert werden – sie sollen bessere Schutzwesten und Nachtsichtgeräte, aber auch neue Kampfhelme bekommen. Dazu werden rund 100 Millionen Euro in die zum Teil arg heruntergekommen Kasernen gepumpt. Ebenfalls geplant: dass die Übungstätigkeit erhöht wird, nachdem die Truppe in den vergangenen Jahren aufgrund der Budgetknappheit sogar mit ziemlich wenig Sprit auskommen musste.

Wenn man die Zahlen des Verteidigungsressorts genauer betrachtet, fällt zunächst auf, dass die Kosten für den Grenzeinsatz des Heeres – vom Ministerium als "Migrationsbewältigung" bezeichnet – mit 93 Millionen Euro in diesem Jahr und 73 Millionen im Jahr 2017 nur einen bescheidenen Teil des Budgetzuwachses ausmachen.

Migration ab 2018 kein Thema mehr

Ab 2018 scheint dieser Titel überhaupt nicht mehr im Finanzrahmen auf, die Regierung geht also anscheinend davon aus, dass sich das Thema dann erledigt haben wird.

Der zusätzliche Finanzbedarf des Militärs für Ersatzinvestitionen – aber auch für um 25 Millionen Euro steigende Gehälter – wird für das Jahr 2020 mit 295 Millionen Euro angegeben. Dazu kommt ein für dieses Jahr angekündigtes Sonderinvestitionsprogramm von 93 Millionen, ein Fortschreiben des schon unter Doskozils Vorgänger Gerald Klug (SPÖ) vereinbarten Sonderinvests in ein weiteres Budgetjahr. All das wirkt im Jahr 2020 zusätzlich zu den 2.196.400.000 Euro, die schon bisher im Finanzrahmengesetz vorgesehen waren.

Mit den strukturell wirksamen Erhöhungen von 103 Millionen Euro in diesem Jahr und den 150 Millionen 2017, den 156 Millionen im Jahr 2018 und den 192 Millionen im Jahr 2019 gibt es für das Verteidigungsministerium eine gewisse Planungssicherheit. Wobei die großen Erhöhungen 2019 und 2020 bereits in die nächste Legislaturperiode fallen – und eine künftig andere Parlamentsmehrheit die Auszahlungen noch verändern kann.

Lehren aus der "Migrationsbewältigung"

Einige der langfristigen Entwicklungen sind aber dann nicht mehr umkehrbar. So plant Doskozil eine "Personaloffensive" – er braucht mehr längerdienende Soldaten bei der Truppe, um die "Durchhaltefähigkeit" zu erhöhen. Beim Einsatz während der Flüchtlingskrise ist das Bundesheer gelegentlich an die Grenzen seiner Belastbarkeit gekommen, weil eigentlich für die Ausbildung von Rekruten und niederen Chargen gedachtes Personal an die Grenze geschickt werden soll.

Doskozil hat daraus rasch die Lehre gezogen, dass das Bundesheer mehr rasch verfügbare präsente Kräfte brauchen wird. Diese sollen auch besser ausgerüstet werden. Nachdem in den vergangenen Jahren überzählige Steyr-Pinzgauer verkauft wurden, steht nun die "Beschaffung moderner Fahrzeuge zur Verbesserung der Mobilität" auf der Agenda. Zudem plant das Verteidigungsministerium Investitionen in Nachrichtengewinnung (das bezieht sich auf die Geheimdienste Heeresnachrichtenamt und Abwehramt), Aufklärung und Cyberdefence.

Strukturreform bis Mitte Juni

Die ebenfalls ausgedünnten Militärkapellen spielten angesichts des besser dotierten Verteidigungsetats am Freitag trotzdem nicht auf, denn: Bis Mitte Juni soll die neue Struktur des Ministeriums und der Zentralstelle fixiert werden – und bis dahin soll es dann auch eine Lösung für die zusammengeschrumpften Militärmusikanten geben. Wie bei vielen Sparmaßnahmen sieht Doskozil aber auch hier "die Notwendigkeit einer Neubeurteilung". (Conrad Seidl, Nina Weißensteiner, 22.4.2016)