Shakehands zwischen Erstem und Zweitem: Noch tauschen Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen Freundlichkeiten aus. Das wird sich bald ändern.

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Nicht in der Stichwahl: Andreas Khol und Rudolf Hundstorfer.

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Irmgard Griss wurde Dritte.

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Für Richard Lugner war es seine letzte Wahl.

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Wahlparty von Alexander Van der Bellen.

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Wahlparty der Freiheitlichen.

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Norbert Hofer im Interview.

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Eva Glawischnig über das Wahlergebnis.

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Heinz-Christian Strache im Interview.

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Der deutliche Abstand war dann doch überraschend: Am Ende des Wahltags lag der freiheitliche Kandidat Norbert Hofer mit mehr als 35,3 Prozent voran. Er kam auf fast so viele Stimmen wie der Zweite und die Dritte zusammen. Der Abstand auf Platz zwei betrug 14 Prozentpunkte. Das war in keiner der Umfragen, die vor der Wahl veröffentlicht worden waren, so absehbar gewesen. Die Österreich-Karte mit den ausgezählten Gemeinden färbte sich den Tag über fast gänzlich blau, mit nur wenigen Einsprengseln in Grün, Schwarz, Rot und Grau für Irmgard Griss. Es ist ein Triumph für Hofer und die FPÖ.

Mit mehr als 1,5 Millionen Stimmen und 35 Prozent kommt der FPÖ-Präsidentschaftskandidat auf das weitaus beste Ergebnis, das die Freiheitlichen je bei Bundeswahlen geschafft haben. Nur in Kärnten war der Stimmenanteil unter Jörg Haider und Gerhard Dörfler von 1999 bis 2009 noch höher. Das bisher beste Bundeswahlresultat waren 27,5 Prozent bei der ersten EU-Wahl.

Gut mobilisiert

Der Wahlsieg für Hofer hatte sich in den vergangenen Tagen abgezeichnet: Seine Umfragewerte waren konstant in die Höhe gegangen, während jene von Van der Bellen einen leichten Abwärtstrend verzeichnet hatten. Offenbar war es Hofer in der letzten Woche gelungen, das FPÖ-Potenzial, das mittlerweile jenseits der 30 Prozent liegen dürfte, zu mobilisieren. Da half nicht nur der Einsatz von Parteichef Heinz-Christian Strache, das lag auch am Kandidaten selber: Mit griffigen Aussagen zeigte Hofer zunehmend mehr Profil.

Eine historische Zäsur ist das Ergebnis allemal: Es wird zum ersten Mal in der Zweiten Republik keinen Bundespräsidenten geben, der SPÖ oder ÖVP zuzurechnen ist. Die Kandidaten der Regierungsparteien scheiterten deutlich, weder Rudolf Hundstorfer noch Andreas Khol kamen in die Nähe der Stichwahl.

Jede Menge Nerven

Das Rennen um Platz zwei gestaltete sich äußerst spannend, es war bei der ersten offiziellen Hochrechnung um 17 Uhr nicht ganz klar, wer mit Hofer in die Stichwahl kommen würde. Der Nachmittag kostete die Wahlkampfteams um Van der Bellen und Griss jede Menge Nerven. In den inoffiziellen Hochrechnungen vom Nachmittag lag Griss mit einem Prozentpunkt vor Van der Bellen, ab 17 Uhr führte dann der Grüne.

Der Wahlkampfmanager von Van der Bellen, Lothar Lockl, kündigte vorsorglich an, man würde im zweiten Wahlgang Griss unterstützen, falls diese voranliege. Mit nur einem Prozentpunkt Vorsprung entschied aber Van der Bellen das Rennen knapp für sich – und hofft jetzt auf umgekehrte Unterstützung durch Griss. Die lässt sich allerdings noch bitten. Sie werde sich das in Ruhe überlegen, sagte sie am Wahlabend. Zum Abschneiden von ÖVP und SPÖ meinte Griss: "Diese Art der Politik wurde abgestraft. Das wollen die Menschen nicht mehr. Ich hoffe, dass haben die Regierungsparteien begriffen."

Stichwahl-Spekulationen

Den Grünen ist Hofer als Gegner in der Stichwahl gar nicht so unrecht, auch wenn der deutliche Abstand viele schockierte. Van der Bellen könne gegen Hofer leichter bestehen als etwa gegen Griss oder auch Hundstorfer. Die Rechnung: Van der Bellen könne das grüne Lager sowie den Großteil des linksliberalen Spektrums samt einer Mehrheit der SPÖ-Sympathisanten mobilisieren, auch Teile des bürgerlichen Lagers, die Griss-Wähler, die Neos-Anhängerschaft und ein nicht zu kleiner Teil der ÖVP-Wähler würden für ihn stimmen, um einen FPÖ-Kandidaten zu verhindern. Hofer dagegen bliebe das FPÖ-Potenzial, die Protestwähler sowie der kleinere Teil von klassischen ÖVP- und SPÖ-Wählern.

Hinten war das Match zwar ohne Belang, aber für SPÖ und ÖVP spannend: Es ging längst um nichts mehr, weil sowohl Hundstorfer als auch Khol den Einzug in die Stichwahl deutlich verfehlten, allerdings lagen die beiden eng zusammen. Es mag zwar nur für die Befindlichkeit innerhalb der Koalition für Bedeutung sein, aber letztlich entschied der ÖVP-Kandidat das Rennen für sich: Mit 11,1 Prozent lag Khol vor Hundstorfer, der auf noch schwächere 10,9 Prozent kam. Nur Richard Lugner lag mit einem Ergebnis von 2,3 Prozent hinter ihnen – das wenigstens deutlich. (Michael Völker, 25.4.2016)