Lina Loos
Du silberne Dame Du

Briefe von und an Lina Loos
Neu herausgegeben von Adolf Opel
Edition Atelier 2016
228 Seiten, 22 Euro

Foto: edition atelier

"Mein Armes, Liebes! Meine süße einzige Frau! Liebe Lina! Theure Freundin! Liebste Lina! Sehr verehrte Frau Lina L.! Liebs Linerl!" Allein schon die Vielfalt der Anreden zeigt die zahlreichen Aspekte einer Persönlichkeit, die in diesem Buch vorkommen: "Lina Loos: Du silberne Dame Du" ist eine Sammlung von Briefen an und von der Schauspielerin und Autorin, die Adolf Opel neu herausgegeben hat. Die Briefe von Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts waren 1966 von Theodor Csokor und Leopoldine Rüther, Lina Loos' enger Vertrauter und Erbin, erstmals herausgegeben worden. Die erweiterte Neuauflage soll das Porträt der Vielgeliebten nun vervollständigen.

Nicht nur Ehefrau

Lina Loos wurde 1882 in Wien geboren und kam als Kaffeehauskind – ihre Eltern führten das Grand Café Casa Piccola an der Mariahilfer Straße – bald in Kontakt mit den Künstler- und Intellektuellenkreisen ihrer Zeit. 1902 lernte sie beim Peter-Altenberg-Stammtisch den zwölf Jahre älteren Adolf Loos kennen, den sie 1902 heiratete. Sie blieb aber längst nicht nur die Frau eines berühmten Mannes – der zu diesem Zeitpunkt fast völlig mittellos war. Ihre Eltern bezahlten die Einrichtung der sogenannten Loos-Wohnung, die sich heute im Wien-Museum befindet. Die Ehe ging bald in die Brüche, ersten Zeitungsveröffentlichungen folgte ein Theaterengagement in Amerika 1905, als Lina Lind gastierte sie 1906 in St. Petersburg, 1907 als Linda Vetter wieder in Wien. Sie lernte Egon Friedell kennen, der sie zeitlebens verehrte – wie so viele andere berühmte Zeitgenossen.

So versammelt das Buch glühende Briefe von Peter Altenberg, Alfred Polgar, Joseph Roth, Franz Theodor Csokor und vielen anderen. Auch Frauen finden sich unter den Freundinnen und VerehrerInnen. Else Lasker-Schüler will sie literarisch porträtieren, Berta Zuckerkandl lädt sie in ihren berühmten Salon ein, die gefeierte Tänzerin Grete Wiesenthal gratuliert ihr zu ihrem "Buch ohne Titel". Dieses Werk, eine Sammlung von in den Vorkriegsjahren für Tageszeitungen und Zeitschriften geschriebenen Geschichten, Essays und Erinnerungen, erschien erstmals 1947, als einziges zu ihren Lebzeiten. Sie starb am 2. Juni 1950 in Wien.

Federl auf das Hütl

Liest man die Briefe von Kerstin Strindberg, der Tochter August Strindbergs, an Lina Loos, die vom Jahr 1931 bis zu ihrem Tod reichen, wird schnell klar, welche Bedeutung dieses "Buch ohne Titel" für viele ZeitgenossInnen gehabt haben muss: "Sie schreibt wie im Präsens, acht! Als ob es das alles noch oder wieder gäbe!" Strindberg kritisiert in ihrem Brief, "daß das heutige Ö. sich dieses vorgestrige Ö. (das Deine, das meine, unser Ö.) wie ein wohlverdientes schönes Federl auf das Hütl steckt und damit im Land und außer Landes den Geschäftsreisenden spielt. Etwa wie: schaut her, was wir sind! (Obwohl es heißen müßte: schaut weg, sonst seht ihr, was wir umgebracht haben!"

Bei dieser wie vielen anderen Stellen ist bedauerlich, dass die Antworten von Lina Loos nicht vorliegen. Ihre Briefe machen nur einen kleinen Teil des Buches aus. Das liegt daran, dass es sich großteils aus ihrem Nachlass in der Wienbibliothek speist, der eben mehr Briefe umfasst, die sie erhalten, als solche, die sie geschrieben hat.

So kann dieses Buch als wichtige Ergänzung zu dem erstmals 1994 veröffentlichten Band "Wie man wird, was man ist" gelesen werden, der Theaterstücke, Gedichte und Aphorismen von Lina Loos versammelt. Es ist wie eine Frage, die eine Antwort verlangt. Eine Antwort, die nur Lina Loos, und sei es in ihren Schriften, geben kann. (Tanja Paar, 26.4.2016)