Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer bei "Klartext" im Wiener Radiokulturhaus.

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Sie sind weltanschaulich voneinander weiter entfernt als alle anderen Präsidentschaftskandidaten. Aber ihr erstes Aufeinandertreffen seit dem Wahlabend am Sonntag, als es Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen in die Stichwahl geschafft hatten, war von viel Übereinstimmung und Freundlichkeit geprägt.

Bei der "Klartext"-Diskussion im Radiokulturhaus am Mittwochabend, die auf Ö1 live übertragen wurde, gingen die beiden Kandidaten scharfen gegenseitigen Attacken bewusst aus dem Weg. Dennoch wurden deutliche ideologische Unterschiede in der Europa- und der Flüchtlingspolitik offensichtlich.

Absage an Lagerwahlkampf

Gleich zum Auftakt wies FPÖ-Kandidat Hofer, der die erste Runde mit 35 Prozent der Stimmen gewonnen hatte, den Begriff eines "Lagerwahlkampfs" zurück. Man müsse so miteinander reden, "dass man einander nicht verletzt".

Einig waren sich beide, dass der Begriff Heimat positiv besetzt ist. Für den von den Grünen unterstützten Ex-Parteichef Van der Bellen, der auf 21 Prozent gekommen war, sei das ein Teil seiner Lebenserfahrung als Flüchtlingskind, dessen Familie im Tiroler Kaunertal heimisch wurde. "Ich war ein Ausländer und bin jetzt ein perfekter Österreicher."

"Keinen Befehl aus Berlin"

Einig waren sich beide, dass die Meinung im Ausland keine Rolle im Wahlkampf spielen dürfe. "Wir nehmen keinen Befehl aus Berlin entgegen, das werden die Österreicher selbst entscheiden", wies Hofer deutsche Kritik an seiner Person zurück. Van der Bellen sekundierte: "Wir brauchen keine Ratschläge von außen, wen die Österreicher zu wählen haben."

Er sei auch bereit, Hofer gegen ungerechtfertigte Angriffe zu verteidigen, und habe nicht vor, "irgendeine Keule auszugraben", sagte Van der Bellen in Bezug auf Sorgen in anderen EU-Staaten über einen Rechtsruck in Österreich. Deshalb sei er auch gegen Anti-Hofer-Demonstrationen, "denn man weiß ja nie, was da passieren kann, und tendenziell nützen sie Herrn Hofer mehr als mir. Aber es gibt Demonstrationsfreiheit."

Nein zu Jobbik, Ja zu Le Pen

Hofer wiederum freut sich "überhaupt nicht über Glückwünsche von der Jobbik", denn die ungarische Rechtspartei lehne auch das Existenzrecht des Burgenlands ab. Gegen die Gratulation von Front-National-Chefin Marine Le Pen wandte er allerdings nichts ein.

Auf die Frage nach einer Angelobung Heinz-Christian Straches als Bundeskanzler wiederholte Van der Bellen sein Nein. "Mir geht es in dieser Frage nicht um die Person Strache, mit dem ich viele Zigaretten im Raucherkammerl des Parlaments geraucht habe", betonte er. Er wolle "Schaden von Österreich" abwenden. Denn der schlimmste Fehler wäre, "aus dieser zugegebenermaßen nicht perfekten Union auszutreten".

Ein Landeshauptmann von Österreich

Hofer betonte, er sei nie für einen EU-Austritt eingetreten, sondern wolle nur, dass sich die EU auf wesentliche Fragen wie die AKW-Sicherheit konzentriere und Themen wie "Duschköpfe oder Traktorsitze" sowie die Landwirtschaft den Nationalstaaten überlasse. Wenn Van der Bellen sich "Vereinigte Staaten von Europa" wünsche, "wovon wollen Sie dann Bundespräsident werden – eine Art von Landeshauptmann?", fragte er.

Van der Bellen betonte, man müsse "den Staaten Macht wegnehmen, um Europa handlungsfähiger zu machen. Europäische Kleinstaaten können im globalen Kontext nur Gewicht haben, wenn sie kooperieren und sich zusammenschließen." Einig zeigten sich wiederum beide bei der Bedeutung des Prinzips der Subsidiarität.

Einig im Nein zur Asylnovelle

Ebenso einig waren sie bei der Ablehnung der gerade beschlossenen Asylrechtsnovelle, die durch eine Notverordnung Kompetenzen vom Parlament zur Regierung verlagert. Das Grenzmanagement am Brenner hält Hofer für notwendig, Van der Bellen aber für überflüssig, weil Italien alle europäischen Auflagen erfülle. Als Tiroler tue es ihm "in der Seele weh zu sehen, was da passiert". Man dürfe zwar Wirtschaftsflüchtlinge angesichts der hohen Arbeitslosigkeit abweisen, müsse aber bei politisch Verfolgten das Asylrecht beibehalten.

Beide Kandidaten würden das Freihandelsabkommen TTIP nicht unterschreiben; Hofer würde es auch einer Volksabstimmung unterziehen, Van der Bellen nicht. Er sei so wie Amtsinhaber Heinz Fischer Anhänger der repräsentativen Demokratie und nicht von ständigen Referenden.

Überparteilichkeit wird beschworen

Beide versprachen eine strikt überparteiliche Amtsführung, wobei Hofer Van der Bellen erneut vorwarf, er habe mit seiner Selbstdefinition als unabhängiger Kandidat "den Wahlkampf mit einer Unwahrheit begonnen".

Und als Hofer erklärte, er werde nicht seine Prinzipien und seine Botschaft ändern, um die Wähler der ausgeschiedenen Kandidaten zu gewinnen, antwortete Van Der Bellen: "Wir sind schon wieder einer Meinung, Herr Hofer." (Eric Frey, 27.4.2016)