Saxofonberserker Mats Gustafsson in Österreich.

Foto: Gustafsson

Manche Jazzpuristen werfen dem schwedisch-norwegischen Trio The Thing wahlweise Anbiederung ans Publikum oder Provokation desselben vor. Dabei nimmt sich die nach einem Don-Cherry-Stück benannte Combo bloß Freiheiten in der Interpretation von Free Jazz heraus.

Saxofonist Mats Gustafsson, Bassist Ingebrigt Haker-Flaten und Drummer Paal Nilssen-Love setzen sich auch mit Garagenpunk und Lärmrock auseinander: Das Zerlegen und Zusammensetzen von Suicide-, White-Stripes-, Sonics-, Yeah-Yeah-Yeahs- oder PJ-Harvey-Titeln gehört ebenso zum Repertoire wie die Bearbeitung von Vorlagen James Blood Ulmers oder Peter Brötzmanns. An Letzteren, vor allem an dessen genredefinierendes Album Machine Gun, knüpft Saxofonberserker Gustafsson an.

Er steht aber nicht nur in Brötzmanns Tradition, er führt diese zu neuen Limits. Allein unter dem Namen The Thing kann dieses Soundäquivalent zum Blitzkrieg auf 13 Alben nachgehört werden. Einige der Platten haben beziehungsreiche Titel: Garage (2004) mit einer Dekonstruktion des Richard-Berry-Klassikers Have Love Will Travel, die Barry-Guy-Kollaboration Metal (2012) oder Action Jazz (2006) mit Bearbeitungen von Ornette-Coleman-, Yosuke-Yamashita- und Lightning-Bolt-Stücken.

Der 51-jährige Gustafsson kommt aus dem nordschwedischen Umeå, wo er in den späten 1970ern und den 1980ern von einer vitalen Hardcorepunk- und Extremmetalszene angeturnt wurde. Als er mit 15 beim lokalen Jazzfestival Sonny Rollins sah, begann der Autodidakt auf dem Saxofon zu spielen und mit Punkbands zu jammen. Die beiden Genres, Free Jazz und Garagenrock, verband Gustafsson schon sehr früh in seinem Musikuniversum. Zahllos sind seitdem seine Projekte, bei denen er solo auch mit Elektronik experimentiert. Egal ob mit Ken Vandermark, Sonic Youth, Jim O'Rourke oder Neneh Cherry (Don Cherrys Stieftochter): Dieser wilde Sound lässt Kopfadern hervortreten und ist geeignet für Vorlaufverkostergemüter: eine Klangwelt, die für Freiheit, Protest und Höchstenergie steht. (dog, 28.4.2016)