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Manche Vereine blasen zum Alarm, sehen sie doch traditionsreiche Feste in Gefahr.

Foto: AP/Dether Endlicher

Wien – Wittert eine Tiroler Schützenkompanie Gefahr in Verzug, ist mit Gegenwehr zu rechnen. Für Andreas Fahrner, Fest-Obmann der Schützenkompanie St. Anton, heißt das Feindbild derzeit "Bürokratie". Weil ihm der Kampf dagegen aussichtslos erschien, war Kapitulation der einzige Ausweg. Fahrner gab vergangene Woche medienwirksam bekannt, das jährlich stattfindende Schützenfest der Kompanie sei für heuer abgesagt. Man sehe sich aufgrund "rechtlicher und politischer Maßnahmen außerstande, dieses Fest durchzuführen".

Angst vor Strafen

Vor allem die seit Jahresanfang geltende Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht mache Vereinen das Leben schwer. Dem STANDARD sagte Fahrner, unklare Haftungsfragen seien der Grund für die Absage gewesen. Weder bei der WKO noch beim Finanzamt hätte man in Erfahrung bringen können, welche Strafen im Falle von "Fehlern" bei Umsatzangaben drohen. Die Angst, bei der Bedienung einer Kasse etwas falsch zu machen, sitzt bei den sonst zielsicheren Schützen anscheinend tief.

Dabei ist die Verletzung der Registrierkassen- oder Belegerteilungspflicht nur dann unter Strafe gestellt, wenn sie vorsätzlich oder unter grober Fahrlässigkeit erfolgt. Höchststrafe: 5000 Euro. Laut Finanzministerium seien aber beim Strafmaß Faktoren wie Einkommen und Milderungsgründe zu berücksichtigen. Die Strafpraxis ergibt meist Strafen von einigen hundert Euro oder gar nur Verwarnungen, sagt der Innsbrucker Steuerberater Helmut Schuchter. Er hält derzeit Infoabende für Vereine, bei denen er über die Vorschriften aufklärt.

Von drei Tagen auf zwei

Davon abgesehen fallen die meisten Vereinsfeste ohnehin unter die sogenannte 48-Stunden-Regel. Demnach braucht ein gemeinnütziger Verein keine Registrierkasse, wenn die von ihm ausgerichteten Veranstaltungen zusammengerechnet nicht mehr als 48 Stunden im Jahr dauern. Der Clou: Auch dreitägige Feste wie jenes am Arlberg fallen darunter, weil nämlich bei behördlich genehmigten Veranstaltungen nur die tatsächlichen Veranstaltungs- und Ausschankstunden zählen.

Von "kleinen" zu "großen" und damit kassenpflichtig werden mehrtägige Feste häufiger aus einem anderen Grund, sagt Schuchter. Weil nämlich Arbeiten rund um das Fest nicht allein durch Mitglieder und nahe Angehörige erfolgen. Wenn zusätzliches Personal – etwa bei einer Zusammenarbeit mit Wirtshäusern – eingesetzt wird: Kassenpflicht.

Keine Änderung bei Haftung

Schuchter rät Vereinsfunktionären, sich bei Steuerberater und Finanzamt zu informieren. Die allermeisten Feste seien eindeutig als kleine oder große einzustufen. Die Haftungsfrage stellt sich nach Einführung der Kassenpflicht nicht anders als davor. Vereinsfunktionäre haften bei Steuernachforderungen dann persönlich, wenn das Vermögen des Vereins aufgezehrt ist und sie vorsätzlich ihren Pflichten nicht nachgekommen sind, also etwa die Umsatzsteuer nicht abgeführt wurde.

Die Initiative "Rettet die Vereinsfeste" sowie Vertreter zahlreicher Verbände fordern dennoch eine Aufstockung der Umsatzgrenzen (15.000 Euro Gesamtumsatz, davon 7500 Euro in bar) und der Grenze von 48 Stunden auf fünf Kalendertage, außerdem eine neue rechtliche Definition von gemeinnützigen Zwecken. Gastronomen dagegen beklagen, dass Vereine schon jetzt viele steuer- und gewerberechtliche Privilegien genießen, die Wirte nicht haben.

St. Anton wird übrigens aller Voraussicht nach auch heuer ein Schützenfest erleben: Die Brauchtumspfleger ließen sich von Tourismusverband und Gemeinde erweichen, das traditionsreiche Fest doch nicht sterben zu lassen. (Simon Moser, 2.5.2016)