Zwei Männchen der Art Stylops ovinae konkurrieren um ein im Hinterleib einer Weidensandbiene steckendes Weibchen.

Foto: Wolfgang Rutkies, Osnabrück

(A) Hinterleib der Biene mit parasitärem S. ovinae-Weibchen. (B) Ein S. ovinae-Männchen hält sich am Hinterleib der Biene fest und (C) entfaltet seinen Penis. (D) Penetration, (E-H) bis zu 30 minütiger Paarungsvorgang. (I-L) Trennungsvorgang.

Foto: Scientific Reports

Jena – Der Frühling lockt viele Insekten aus ihren Winterquartieren. Derzeit treten beispielsweise entlang sandiger Flusstäler Schwärme der Weidensandbiene (Andrena vaga) auf. Die weißgrau behaarten Wildbienen leben in Gängen und Höhlen im Boden. Sie ernähren sich von Nektar und Pollen, den sie vorwiegend an Weidenarten sammeln.

Manche dieser Tiere sind jedoch von Parasiten befallen: Denn heimische Fächerflügler nutzen die Wildbienen als "Brutkasten" für den eigenen Nachwuchs – und zwar auf eine überaus brutale Weise. Den genauen Paarungsakt der Fächerflüglerart Stylops ovinae haben nun Forscher um Hans Pohl von der Friedrich-Schiller-Universität Jena untersucht. Im Fachblatt "Scientific Reports" beschreiben sie den Vorgang erstmals detailliert.

Fortpflanzung ist alles

Die Weibchen dieser nur wenige Millimeter kleinen Insekten leben als Parasiten im Hinterleib der Weidensandbiene. Fast ihr gesamter Körper ist im Wirtstier verborgen, nur der etwa stecknadelkopfgroße Vorderleib schaut aus der Biene heraus. "Um das Weibchen zu begatten, hält sich das Fächerflüglermännchen am Hinterleib der Biene fest und stößt dem herausschauenden Weibchen seinen hakenförmigen Penis in den Hals", beschreibt Erstautorin Miriam Peinert den brutalen Vorgang.

So werden tausende Eizellen im Körper der Weibchen befruchtet, wenige Wochen später kommen die Larven lebend zur Welt. Die Mutter überlebt die Geburt allerdings nicht. Das Dassein der Fächerflügler scheint überhaupt nur der Fortpflanzung zu dienen. Denn die freilebenden und sehr aktiven Männchen, die anders als die Weibchen nicht in Wirtstieren leben, sterben bereits nach wenigen Stunden.

Halbstündiger Akt

Innerhalb dieser kurzen Lebensspanne müssen sie ein Weibchen finden und sich paaren. Ist der Kontakt erfolgreich aufgenommen, investieren sie jedoch ungewöhnlich viel Zeit in den Paarungsakt. Während sich andere Insekten oft nach wenigen Sekunden wieder trennen, dauert die Paarung bei Stylops ovinae bis zu 30 Minuten – wahrscheinlich, um Spermienkonkurrenz mit anderen Männchen zu verringern.

Für ihre aktuelle Studie haben die Forscher den Paarungsakt mittels hochauflösender rasterelektronenmikroskopischer und computertomografischer Aufnahmen untersucht. "Die Detailaufnahmen belegen eindeutig, dass wir es mit einer traumatischen Insemination direkt in die Leibeshöhle zu tun haben", sagt Pohl. Bislang hatten die Forscher angenommen, die Befruchtung erfolge – ohne Verletzung – über den Geburtskanal. (red, 2.5.2016)