Nina Kusturica, Filmregisseurin und Produzentin: Spielfeld

"Es gibt Plätze, die einen so richtig beschäftigen. Ich komme ursprünglich nicht aus Österreich und habe eine interessante Beobachtung gemacht: Sobald man Wien verlässt, wird man ein bisschen mehr zur Wienerin. In Wien selbst lässt man einen das ja nicht so schnell spüren, auch wenn man schon 24 Jahre hier lebt. Ein Ort, an dem ich das besonders so empfinde, ist Spielfeld – der hat für mich etwas von einer echten Hassliebe.

Noch vor dem Jugoslawienkrieg habe ich oft meine Schwester in Wien besucht, bin aus Sarajevo heraufgefahren. Spielfeld war dann natürlich die Grenze, aber auch das Tor zu einer anderen Welt, zu einem anderen System. Ein Ort, der für den ersten Eindruck davon verantwortlich ist. Dort hinzukommen, war immer mit einem Herzklopfen verbunden, Pässe rauskramen und so. Spielfeld hinter sich zu lassen bedeutete, bald in Wien zu sein.

Die vergangenen 15 Jahre hatte Spielfeld immer etwas Fantastisches für mich: Da durchfahren, wo du früher noch die Pässe herzeigen musstest. Ich hatte das Gefühl, die Welt hat echt Fortschritte gemacht. Jetzt ist es wieder zu einer Art Sperre geworden. Das Gefühl ist größer als der Ort selbst – der ist ja klein und kann nichts dafür. Ein symbolischer Lieblingsort.

Ich nehme aber auch schöne Gegenden wahr, sogar wenn ich das Auto selbst lenke. Ich bitte dann meinen Beifahrer, mir ständig von links und rechts zu berichten, ich will alles mitkriegen. Der Bericht lautet meist: Österreich ist ein Knusperhäuschen."

Foto: Nathan Murrell

Dominique Meyer, Direktor der Wiener Staatsoper: Wachau

"Wie Sie vielleicht wissen, komme ich aus dem Elsass. Kann sein, dass es mich deshalb immer wieder in die Wachau zieht. Die beiden Regionen will ich nicht miteinander vergleichen, die eine erinnert mich nicht an die andere. Aber beim Wein muss man sich nicht umgewöhnen – da wie dort gibt es hervorragende Weiße. Ich habe die Verbindung aus Kulturlandschaft und gutem Wein sehr zu schätzen gelernt.

Es ist ganz egal, wo ich bin, ich habe immer Musik im Kopf. Welches Stück es bei meinem letzten Besuch der Wachau war, kann ich nicht mehr sagen. Es ist ja nicht so, dass die Musik in meinem Kopf etwas mit der bereisten Gegend zu tun hat, sondern immer mit der aktuellen Aufführung in der Oper. Aber ich will gerne eine Anekdote erzählen, die mit Musik und Weinregionen zu tun hat.

Als ich 2013 wieder einmal an einem meiner liebsten Plätze war, dem Schloss Gobelsburg, wurde ich gefragt, ob ich denn nicht Weinpate werden möchte. Eine große Ehre. Aber man muss sich halt auch einen Namen für den Wein einfallen lassen. Also sagte ich "Donaulegendchen" – ohne lange nachzudenken, ohne große Erklärungen.

Als ich den Grünen Veltliner, den ich auf den Namen Donaulegendchen getauft hatte, vor mir stehen sah, wurde mir selber einiges klar: Ich hatte in der Wachau wohl Gustav Mahlers Rheinlegendchen im Kopf. Klar, vom Rhein kommt Riesling. Aber da ist sie wieder diese Verbindung zwischen tollen Kulturlandschaften und herrlichen Weißweinen."

Foto: APA / Georg Hochmuth

Birgit Reitbauer, Vier-Hauben-Restaurant Steirereck: Gurktal

"Meine Mama kommt aus dem Gurktal in Kärnten, unsere Familie hat dort eine Alm auf 1300 Metern. Das Schöne daran ist, dass es dort kein Telefon gibt und auch keinen Mobilfunkempfang – nicht einmal Strom. Dieses Spartanische hat einen enormen Erholungswert.

Mein Großvater hat diese Almhütte vor gut 40 Jahren gebaut, sie zuerst abgetragen und dann an einem besseren Platzerl wiederaufgebaut. Ein Cousin hat sie mittlerweile übernommen, aber wir dürfen dort den Sommer verbringen. Eine echte Selbstversorgerhütte mit Holzherd, da geht man dann gerne einmal Schwammerln suchen. Das Auto ist aber voll mit guten Dingen, wenn wir auf Urlaub fahren, weil gutes Essen auch dort eine große Rolle spielt. Wir haben dort nichts zu tun und kochen den ganzen Tag – in Wirklichkeit aber eh wieder auf sehr hohem Niveau. Wir haben dann Kühlboxen mit und Eis, weil wir schon ein feines Flascherl trinken wollen. Wir lassen es uns dort richtig gutgehen!

Ein Braten aus dem Holzherd schmeckt ganz einfach am besten, da kann man sagen, was man will. Für ein kulinarisches Erlebnis gehört eben auch immer die Umgebung dazu, und dort passt einfach alles. Wenn du am Abend draußen sitzt und du hörst nix außer einen Hirsch röhren, dann ist das zu hundert Prozent Erholung.

Es gibt dort noch eine Besonderheit: Das ist die einzige Woche im Jahr, in der nur mein Mann kocht – mein Mann gemeinsam mit einem seiner besten Freunde. Wenn's fertig ist, isst man. Es ist diese völlige Zeitlosigkeit, die die Qualität ausmacht."

(Sascha Aumüller, RONDO, 18.5.2016)

Foto: Nathan Murrell