Die Original-Kostüme des Eurovisions-Sieges im ABBA-Museum. Das Foto an der Wand zeigt ABBA mit ihrem Manager Stig Anderson und den als Napoleon verkleideten Dirigenten Sven-Olof Walldoff kurz nach der Preisverleihung.

Foto: Alkis Vlassakakis

34 Jahre gibt es ABBA nicht mehr, das Logo bleibt und wirft immer noch Geld ab.

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Das ABBA Museum: Die Hauptattraktion Stockholms während der Eurovisions-Woche.

Foto: Alkis Vlassakakis

Conchita darf in der Sonderausstellung zum Eurovision Song Contest nicht fehlen.

Foto: Alkis Vlassakakis

"Ist es nicht zynisch, mit einem Schlager anzutreten, der 40.000 Tote zum Inhalt hat?": Diese Frage stellte der Moderator des schwedischen öffentlich-rechtlichen Senders dem Manager Stig Anderson, nachdem er mit seiner Gruppe Abba 1974 im britischen Brighton den Eurovision Song Contest gewonnen hatte. Der Titel lautete immerhin "Waterloo" und handelte von einer Schlacht, und Dirigent Sven-Olof Walldoff trat in Napoleon-Kostüm auf.

Der vermutlich legendärste Sieg beim ESC: "Waterloo" 1974.
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Zuerst schien Schweden vom unerwarteten Sieg geradezu überfordert. Künstlergruppen organisierten sich, um gegen die kommerzielle Musik von Abba zu protestieren. Auch deshalb veranstalteten sie beim Song Contest in Stockholm 1975 ein Gegenfestival. Schweden erlebte seinen Kulturkampf. Die linke alternative Popmusik gegen den kommerziellen Kapitalismuspop. Letzterer sollte allerdings nachhaltig gewinnen.

Die ersten Song Contest-Versuche.

Wer allerdings glaubt, Abba erreichte 1974 beim ersten Antreten gleich einen Sieg, täuscht sich. Der Weg dorthin war ein langer. Schon viel früher versuchten die Mitglieder der erfolgreichsten Popgruppe aller Zeiten – getrennt und gemeinsam – anzutreten.

Agnetha Fältskog konnte bereits 1968 als Solosängerin einen Nummer-eins-Hit in Schweden verbuchen. Im selben Jahr reichte sie den Song "Försonade" für die schwedische Vorausscheidung Melodifestivalen ein, doch der Song schaffte es nicht ins Finale im Fernsehen.

Björn Ulvaeus, der spätere Ehemann von Agnetha, hatte im Schweden der 60er- und frühen 70er-Jahre Riesenerfolge mit der Band The Hootenanny Singers. "Ljuva Sextiotal", ein Song mit Text des späteren Abba-Managers Anderson und aufgenommen mit Sängerin Brita Borg, wurde ein Hit, von den Verantwortlichen der schwedischen Vorausscheidung aber 1969 abgelehnt.

Benny Andersson wiederum, ebenfalls im Norden Europas erfolgreich mit seiner Band The Hep Stars, reichte im selben Jahr seine Komposition "Hej Clown" zum Melodifestivalen ein. Jan Malmsjö sang den Song und wurde Zweiter. Bei dieser Gelegenheit traf Andersson eine junge Sängerin, in der er sich später verlieben sollte. Die hieß:

Anni-Frid Lyngstad und war eine gebürtige Norwegerin und hatte bereits ein paar kleinere Schlagererfolge. Sie nahm 1969 bei der schwedischen Vorausscheidung mit dem Song "Härlig är vår jord" teil und wurde Vierte.

1969 doch nicht Vertreterin Schwedens beim ESC: Die Norwegerin Anni-Frid.
Andante Etnadna

1972 komponierten Björn und Benny gemeinsam den Song "Säj det med en sång", gesungen von Lena Andersson. Der Song wurde Dritter im schwedischen Melodifestivalen.

1973 dann traten sie endlich zu viert auf. Der Name Abba war noch nicht erfunden, sie nannten sich Björn & Benny, Agnetha & Anni-Frid und arbeiteten bereits an ihrem ersten Album. "Ring Ring" hieß der Song und wurde zum Entsetzen aller nicht Sieger und somit auch nicht Schwedens Beitrag zum Song Contest. Dafür stürmte der Song viele Charts, so etwa auch in Österreich auf Platz zwei.

Knapp doch nicht Schwedens Song 1973: "Ring Ring".
AbbaVEVO

1974 war es dann aber endlich so weit: "Waterloo" gewann. Der Rest ist Geschichte.

Song Contest nach "Waterloo"

Auch nach ihrem Sieg in Brighton blieben die Mitglieder von Abba dem Song Contest treu. 1975 erreichten Björn & Benny mit "Bang en boomerang", gesungen von Svenne & Lotta, nur den dritten Platz. Somit blieb ihnen die Titelverteidigung auf heimischem Boden vorenthalten. Dafür wurde der Song englischsprachig ein Hit von Abba.

1981 versuchte es Agnetha als Songwriterin. "Men natten är vår", von der jungen Sängerin Kicki Moberg gesungen, landete allerdings nur auf dem neunten Platz von zehn Teilnehmern. 2004 gab es eine Reunion von Abba beim Song Contest in Istanbul, allerdings ausschließlich als Video – als "The Last Video". 2013 komponierten Björn und Benny gemeinsam mit Avicii eine Hymne für den ESC in Malmö.

Das letzte Video von Abba für den ESC 2004.
AbbaVEVO

Gerüchte kündigten für Eurovision 2016 eine Wiedervereinigung der Gruppe an, ein beliebter Sport seit dem Ende der Gruppe 1982. Doch auch in Stockholm werden die vier nicht gemeinsam auf der Bühne stehen (außer es kommt doch noch eine Überraschung). Dafür gibt es eine große ESC-Ausstellung im Abba-Museum in Stockholm.

Man sieht, auch 34 Jahre nach dem Ende von Abba funktioniert das Geschäft noch ausgezeichnet. Das unverwechselbare Logo mit den gespiegelten Bs funktioniert bis heute und setzt Millionen Kronen um.

Abbas Bedeutung bis heute

Die nachhaltige Bedeutung von Abba für die schwedische Musik- und Kreativindustrie kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Nach Abbas Sieg wurde die Popwelt nachhaltig gefördert. Überall entstanden Proberäume, Musikunterricht wurde ganz großgeschrieben. Das Land hatte ein neues Exportgut.

Und so hat Abbas Sieg Auswirkungen bis heute. Zahllose schwedische Komponisten schreiben für internationale Popstars, und auch Bands wie Roxette, Ace of Base, aktuell Avicii und Mando Diao wären ohne Abba wohl nie das geworden, was sie sind.

So hat am Ende im schwedischen Kulturkampf der 70er-Jahre der kommerzielle Pop gewonnen – und nebenbei zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen. (Marco Schreuder, 13.5.2016)