Autorin Han Kang (re.) und Übersetzerin Deborah Smith bei der Preisverleihung in London.

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London/Wien – Die südkoreanische Autorin Han Kang hat Montagabend in London den dieses Jahr erstmals für ein Einzelwerk eines nicht englischsprachigen Autors vergebenen Man Booker International Prize erhalten.

Damit geht der seit vielen Jahren in Berlin lebende Österreicher Robert Seethaler, der mit Ein ganzes Leben (dt. 2014; englische Übersetzung: A Whole Life) auf der Shortlist vertreten war, leer aus. Für den Titel hatte der 49-Jährige im Vorjahr den Grimmelshausen-Preis erhalten, auch sein Vorgängerroman Der Trafikant war ein Erfolg und wurde inzwischen für die Bühne dramatisiert.

Vegetarierin als Rebellin

Der Siegertitel der 1970 geborenen Han Kang, die seit ihrem zehnten Lebensjahr in Seoul lebt, wo sie auch Kreatives Schreiben unterrichtet, heißt The Vegetarian. Das Preisgeld in Höhe von insgesamt 50.000 Pfund (63.000 Euro) geht zu gleichen Teilen an sie und ihre Übersetzerin ins Englische, Deborah Smith. Smith soll erst vor sieben Jahren begonnen haben, Koreanisch zu lernen. Es ist ihre erste Romanübersetzung aus dieser Sprache – und zugleich Hans erste Bucherscheinung auf Englisch. Auf Deutsch ist der dünne, in drei Teile gegliederte Roman genauso wie alle anderen dieser Autorin – noch – nicht erhältlich.

Sein erotisch konnotierter Inhalt: eine junge, von ihrem Mann bis dahin für gänzlich unbemerkenswert gehaltene Frau wird, angeregt von einem Traum, zur Vegetarierin. Diese Verweigerung und Rebellion verändert alle ihre Beziehungen – in einem Gemenge aus Scham, Gewalt und Sehnsucht. Die Jury nannte die Geschichte "bewegend und suggestiv" und zeigte sich vom Roman zudem "durch die Tiefe seiner Fremdartigkeit überrascht".

155 Einreichungen

Der Booker Prize gilt als einer der weltweit wichtigsten Literaturpreise. Er wird seit 1969 an britische Schriftsteller und Autoren aus den Commonwealth-Ländern vergeben. Seit 2005 gibt es ihn als Man Booker International Prize alle zwei Jahre auch in einer Ausgabe für Autoren aus anderen Ländern bzw. Sprachen, die ins Englische übersetzt wurde. Bisher wurde er für Gesamtwerke verliehen.

155 Einreichungen verzeichnete man heuer im neuen Vergabemodus. Von diesen haben es neben den bereits genannten auch Jose Eduardo Agualusa (A General Theory of Oblivion) aus Angola, die Italienerin Elena Ferrante (The Story of the Lost Child), der Chinese Yan Lianke (The Four Books) und der türkische Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk (A Strangeness In My Mind) auf die Shortlist geschafft. (wurm, 17.5.2016)