Versuchten im Endspurt weniger heikle Aussagen zu ihren Kompetenzen als Staatsoberhaupt zu tätigen: Die Hofburg-Anwärter Hofer und Van der Bellen.

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Wien – Die Flüchtlingskrise hat auch die zweite Runde des Präsidentschaftswahlkampfs beherrscht. Die beiden Kandidaten für die Stichwahl, Alexander Van der Bellen und der Norbert Hofer, tätigten seit dem ersten Wahldurchgang jeweils ein Viertel ihrer Aussagen allein zu Asylfragen, wie aus einer Themenanalyse der APA-DeFacto hervorgeht.

Schon vor dem ersten Wahldurchgang am 24. April war die Flüchtlingskrise – neben dem Amtsverständnis – in der Debatte tonangebend. Der freiheitliche Bewerber Hofer und Van der Bellen, ehemaliger Chef der Grünen, haben sich zwischen dem 25. April und dem 14. Mai aber auch andere Themen herausgepickt. Bei Hofer rückte das Amtsverständnis noch stärker in den Mittelpunkt, Van der Bellen setzte seine Akzente im Themenbereich Arbeitslosigkeit.

Weniger heikle Aussagen zu Kompetenzen

Rund 32 Prozent von Van der Bellens Aussagen betrafen die derzeit hohe Arbeitslosigkeit in Österreich, im ersten Wahlgang gab es dazu noch kaum Wortmeldungen, weder von Van der Bellen und Hofer noch von einem der ausgeschiedenen Kandidaten. Bei Hofer spielte die Arbeitslosigkeit im Gegensatz zu Van der Bellen weiter eine untergeordnete Rolle. Der Vertretung Österreichs wurde im zweiten Wahldurchgang von beiden Kandidaten mehr Bedeutung beigemessen. Van der Bellen widmete 14 Prozent seiner medialen Äußerungen der Repräsentation nach außen, im ersten Wahldurchgang waren es nur zwei Prozent. Hofer steigerte sich bei diesem Thema von drei auf zwölf Prozent.

Die Auflösung des Parlaments, die Van der Bellen vor dem 24. April noch häufig thematisierte, kam im Wahlkampf für die Stichwahl praktisch nicht mehr vor. Auch zur Ernennung der Bundesregierung äußerte es sich der ehemalige Grünen-Chef weniger oft. Hofer wiederum reduzierte seine Aussagen bezüglich einer möglichen Entlassung der Regierung.

Van der Bellen für Verfassungskonvent

In einem Interview für die "Kleine Zeitung" tritt Van der Bellen nun sogar dafür ein, nach der Wahl am Sonntag die Machtbefugnisse zu begrenzen. "Die Verfassung sieht einerseits eine gut gefügte Machtbalance vor. Die Hauptmacht liegt beim Parlament und das soll auch so sein. Aber der Bundespräsident hat, wenn er will, die Möglichkeit, das auszuhebeln. Ich bezweifle, dass das der Weisheit letzter Schluss ist im 21. Jahrhundert", argumentiert Van der Bellen. Er plädiert dafür, dass sich nach dem Wahlsonntag die besten Verfassungsjuristen der Republik, politische Menschen und auch andere zu einer Art Konvent zusammensetzen, um über die Verfassung von 1929 nachzudenken.

Der Präsidentschaftskandidat gesteht zwar zu, dass die verfassungsrechtlich vorgesehenen Rechte bisher nie ausgeübt wurden. "Aber sie könnten ausgeübt werden und man sollte sich überlegen, ob das noch angemessen ist." Im Laufe des Wahlkampfes hat Van der Bellen wiederholt seinem FPÖ-Kontrahenten Norbert Hofer vorgeworfen, die Regierung entlassen zu wollen, Neuwahlen und dann eine "blaue Republik" anzustreben. (APA, 19.5.2016)