Wien – Die Hofburg-Stichwahl bringt einen neuen Briefwahl-Rekord: Die Wahlbehörden haben fast 900.000 – genau 885.437 – Wahlkarten ausgestellt. Das bedeutet, dass beinahe 14 Prozent der 6,382.507 Wahlberechtigten ihre Stimme nicht im Weg der "klassischen" Urnenwahl am Sonntag abgeben wollen. So viele Wahlkarten-Anträge gab es noch nie – und es ist noch einmal deutlich mehr als am 24. April.

Damit ist die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass erst mit Auszählung der Briefwahl am Montag feststeht, ob Norbert Hofer (FPÖ) oder Alexander Van der Bellen (Grüne) der nächste Bundespräsident wird. Schon im ersten Wahlgang hatten die fast 535.000 Briefwähler (das waren 12,5 Prozent der gültigen Stimmen) die Ergebnisse noch deutlich verändert: So reduzierte sich der Stimmenanteil von Hofer gegenüber 36,4 Prozent am Wahlabend auf letztlich 35,1 Prozent – während Van der Bellen von 20,4 auf 21,3 Prozent zulegte. Sollte also in dem am Wahlabend veröffentlichten vorläufigen Endergebnis Hofer nur knapp über 50 Prozent liegen, könnte Van der Bellen noch damit rechnen, nach Auszählung der Briefwahl doch der Sieger zu sein.

Hohe Beteiligung erwartet

Das deutlich gestiegene Interesse an Wahlkarten – für den zweiten Wahlgang wurden um 38 Prozent mehr Anträge gestellt als für den ersten (641.975) – lässt auch erwarten, dass die Wahlbeteiligung zumindest gleich hoch ausfällt; in der ersten Runde lag sie bei 68,50 Prozent. Wobei man freilich im Mai auch besseres Wetter erwartet als im April und somit viele Wahlberechtigte für einen Ausflug vorgesorgt haben dürften.

Denn mit Wahlkarten kann man nicht nur die Stimme am Postweg abgeben, sondern schon vor dem Wahlsonntag (seit 3. Mai) bei den Bezirkswahlbehörden bzw. am Sonntag in jedem beliebigen Wahllokal Österreichs – und dies nicht nur persönlich, sondern auch per Boten. Die Wahlkarten, die am Sonntag in einem "fremden" Wahllokal abgegeben werden, werden bereits am Sonntag mitgezählt.

38.931 Wahlkarten wurden an Auslandsösterreicher übermittelt, teilte das Innenministerium Freitagabend mit. Die meisten Wahlkarten wurden wie üblich in Wien verlangt – nämlich 222.283. Am stärksten gestiegen ist das Interesse an der Briefwahl allerdings im Westen des Landes – in Tirol gab es um mehr als 50 Prozent, in Vorarlberg um fast 50 Prozent mehr Anträge als für den ersten Wahlgang.

Mit dem großen Wahlkarten-Interesse für den zweiten Wahlgang hat die Bundespräsidentenwahl auch die Nationalratswahl überholt. 2013 wurde dafür 668.658 ausgestellt, beim ersten BP-Wahlgang blieb man mit 641.975 Stück noch knapp darunter. (APA, 20.5.2016)