Fleischliche Liebe ohne Ablaufdatum: "Abstract Sculptures (Kiss)", 2013.

Foto: Eva Würdinger

St. Pölten – Es geht zu Ende mit dem Landesmuseum Niederösterreich als Schauplatz zeitgenössischer Kunst. Für selbige ist ab 2017 das neue Kunstmuseum Krems zuständig, während die Shedhalle in St. Pölten Teil des Hauses der Geschichte Niederösterreich wird. Das Schlusslicht in der Landeshauptstadt bilden neben einer schönen Schau über den Klangkünstler Bernhard Leitner Ausstellungsminiaturen, die Leopold Kogler und Erwin Wurm gewidmet sind. Jene des österreichischen Superstars Wurm, dem bis Ende August eine große Retrospektive in Berlin (der STANDARD berichtete) ausgerichtet ist, nimmt schon im Titel auf das Vorübergehen der Dinge Bezug: Ende steht in zuckerlrosafarbener Wolle gestickten Lettern auf dem die Personale eröffnenden Bild.

In der Schau wird man daran erinnert, dass, wenn auch alles ein Ende hat, die Wurst immer noch zwei hätte: Wurms Abstract Sculptures (2013) bestehen (scheinbar) aus Frankfurter- oder Knackerwürsteln. Entsprechend arrangiert, formieren sie sich hier zu einer Hand, dort zu kleinen, einander küssenden Figuren – eine Parodie auf klassische Liebendenskulpturen. Ein Ende hat diese fleischliche Liebe wiederum nicht: Unter der wurstfarbenen Lackierung stecken Bronzegüsse. Rundherum wirft Kurator Carl Aigner diverse Schlaglichter auf das Werk Wurms, der (gemeinsam mit Brigitte Kowanz) 2017 Österreich auch auf der Biennale Venedig vertreten wird.

Der Kunstgriff, das Profane mit dem Heiligen kurzzuschließen, spielt stets eine wichtige Rolle: Stellvertretend für Wurms Verzerrungen – seine in die Länge gezogenen oder aufgeblasenen Autos oder Häuser – steht eine zusammengestauchte Toilette im Raum. Als zarte Referenz auf sein berühmtes Objekt The Artist Who Swallowed The World, einen Riesen mit Kugelbauch, mag man zwei Wandpullover (2016) lesen: In den Landesfarben Blau-Gelb gehalten, prangt in deren Mitte ein stilisiertes Konterfei Erwin Prölls.

Bleibt die Wurm-Personale Ende der Gegenwart verbunden, so ist die Ausstellung Quell über Leopold Koglers Werk eine klassische Retrospektive: In aller Dichte führt sie von früher Stilsuche über die neoexpressionistische Phase und feinsinnige, abstrakte Landschaftsbilder zu Werken, die Pflanzenformen in Kunst verwandeln: Letztere wirken im Vergleich zu Wurms bissigem Schmäh versöhnlich, aber auch kitschig. (Roman Gerold, 1.6.2016)