Wien/Graz – Der ÖVP-Nationalratsabgeordnete Bernd Schönegger ist am Dienstag im Wiener Straflandesgericht im Zusammenhang mit einer Zahlung von 120.000 Euro der Telekom Austria (TA) an die Volkspartei wegen Beitrags zur Untreue schuldig gesprochen worden. Der Schöffensenat verhängte über Schönegger neun Monate Haft, die dem Politiker unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurden.

Schuldig gesprochen wurde auch Michael F., ein ehemaliger ÖVP-Mitarbeiter und späterer Head of Public Affairs bei der TA, und eine ÖVP-nahe Werberin, die den inkriminierten Geldbetrag erhalten und für den Grazer Gemeinderatswahlkampf verwendet haben soll. Michael F. erhielt wegen Beteiligung an der Untreue drei Monate bedingt, die Werberin wegen Beteiligung an der Untreue und Begünstigung neun Monate auf Bewährung.

Keine ausreichenden Beweise

Die zwei ehemaligen eTel-Geschäftsführer – als unmittelbare Täter angeklagt – wurden mangels vorsätzlichen Handelns ebenso freigesprochen wie der ehemalige TA-Vorstand Rudolf Fischer. Bei Letzterem ging der Senat davon aus, dass Fischer "jemandem in der ÖVP", wie Richter Stefan Erdei sagte, die 120.000 Euro "mehr oder weniger zur freien Verfügung" versprochen hatte. Es gebe jedoch "keine ausreichenden Beweise", dass Fischer dabei an eine "verdeckte Finanzierung" und nicht an ein – strafloses – offizielles Sponsoring gedacht hatte, sagte Erdei.

"Sie haben zwar nicht in die eigene Tasche gewirtschaftet. Aber es war in Ihrem Sinne als Geschäftsführer der wahlwerbenden Partei (der Grazer ÖVP, Anm.) und im Sinne der weiteren Karriere", meinte Richter Stefan Erdei zu Bernd Schönegger. Jener war nach den für die Grazer Schwarzen erfolgreichen Kommunalwahlen im Jänner 2008 im selben Jahr als Abgeordneter in den Nationalrat eingezogen.

Kein automatischer Mandatsverlust

Die Verurteilung Schöneggers hat nicht den automatischen Mandatsverlust zur Folge. Dafür ist das verhängte Strafausmaß von neun Monaten bedingt nicht ausreichend. Überdies ist die Verurteilung des 39-Jährigen nicht rechtskräftig. Schönegger meldete ebenso Bedenkzeit an wie die ebenfalls schuldig erkannten Michael F. und die ÖVP-nahe Grazer Werberin. Der Staatsanwalt gab vorerst keine Erklärung ab.

Das Geständnis der Unternehmerin, die erklärt hatte, der Telekom Austria (TA)-Tochter eTel eine Scheinrechnung gelegt, die 120.000 Euro angenommen und dafür Leistungen für die Bundes-ÖVP erbracht zu haben, bezeichnete Richter Stefan Erdei als "unglaubwürdig". Mit dieser Verantwortung habe sie "den ganz konkreten Zweck verfolgt, ihren langjährigen Geschäftspartner Magister Schönegger zu schützen", sagte Erdei. Deswegen wurde die Agenturchefin nicht nur wegen Beteiligung an der Untreue, sondern auch wegen Begünstigung verurteilt.

Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Abschöpfung der 120.000 Euro vom Konto der steirischen Volkspartei wurde aus formalen Gründen abgewiesen. Nach der maßgeblichen Rechtslage wäre dafür eine unmittelbare Bereicherung nachweisbar gewesen. "Wir haben keinen Hinweis, dass das Geld direkt an einen Parteivertreter weitergegeben wurde", stellte Richter Erdei fest. Laut Anklage soll die ÖVP-nahe Agenturchefin die 120.000 Euro zur Deckung ihrer Ausgaben für die Grazer Gemeinderatswahl herangezogen haben.

Schönegger war nach der Verhandlung zu keinem Kommentar bereit. Er machte einen betroffenen Eindruck und war bestrebt, möglichst rasch aus dem Gerichtsgebäude zu kommen. (APA, 7.6.2016)