Brüssel/Wien – Neue Wende im langen Ringen um ein europäisch-kanadisches Freihandelsabkommen: Offenbar will EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström noch im Juli vorschlagen, dass die Entscheidung über das Abkommen Namens Ceta ausschließliche Kompetenz der EU ist, dass die nationalen Parlamente ergo nichts zu sagen haben. Das wiederum dürfte Folge eines 180-Grad-Schwenks der Italiener sein.

Das geplante Abkommen ist umstritten. Kritiker wie Greenpeace fürchten, dass Ceta und in der Folge auch das weit wichtigere Abkommen zwischen Europa und den USA namens TTIP soziale und ökologische Standards bedrohen und den Einfluss von Konzernen auf die Politik stärken. Deshalb auch das besondere Interesse, dass vor Inkrafttreten von Ceta oder TTIP auf jeden Fall die nationalen Parlamente damit befasst werden müssten.

Befassung der nationalen Gremien

Die EU-Handelsminister zeigten sich bisher sicher, dass sie sich nach Abschluss der Ceta-Verhandlungen durchsetzen werden – und die nationalen Parlamente befasst werden müssen. Sie wussten: Selbst wenn die Kommission einen Entwurf einbringt, der die alleinige Kompetenz Brüssels in dieser Sache behauptet, können sie im Schulterschluss durchsetzen, dass es ein gemischtes Abkommen wird – solange sie einstimmig dafür votieren. Mit der Einstimmigkeit scheint es einem Bericht des Spiegel zufolge nun vorbei zu sein.

Am 27. Mai hat der italienische Wirtschaftsminister Carlo Calenda einen Brief an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Handelskommissarin Malmström geschrieben, in dem er ankündigt, dass Italien die Kommission unterstützt, falls sie Ceta als EU-only einbringen will. Hintergrund dürfte sein, dass Italien rasch ein Freihandelsabkommen möchte.

Den Handelsministern bliebe somit nur mehr, dem EU-Vorschlag die notwendige qualifizierte Mehrheit zu verweigern. Kommt es zu keiner Einigung, gibt es keinen Beschluss, aber auch kein Freihandelsabkommen. (stro, 10.6.2016)