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Sie fühlen sich verfolgt, überwacht, kontrolliert: die sogenannten "Targeted Individuals" leiden an Wahnvorstellungen. Doch anstatt sich in ärztliche Behandlung zu begeben, vernetzen sie sich im Internet.

Foto: dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Sie nennen sich selbst "Targeted Individuals" (Zielpersonen): Menschen, die glauben durch Regierungen oder geheime Organisationen mittels Gedankenkontrolle manipuliert zu werden. Anstatt sich in ärztliche Behandlung zu begeben, recherchieren viele Betroffene im Internet und stoßen dort auf die vermeintliche Bestätigung ihrer Erlebnisse durch andere "Targeted Individuals".

Verfolgt durch "Gang-Stalker"

Einer von ihnen ist der 49-Jährige Timothy Trespas. Wie er der "New York Times" berichtet, fühlte er sich von mehreren Personen verfolgt, einige flüsterten ihm beim Vorbeigehen ins Ohr: "Jetzt weißt du, wie es funktioniert". "Gang-Stalker" werden diese vermeintlichen Agenten genannt, die sich als normale Personen tarnen. Ihr Ziel: das Leben der "Targeted Individuals" zu zerstören, wie auf einschlägigen Websites nachzulesen ist.

Im Netz werden Verschwörungstheorien über Implantate und gedankenmanipulierende Waffen verbreitet. Betroffenen wird geraten, nicht auf Verwandte oder Ärzte zu hören, da diese Teil der Verschwörung gegen sie sein könnten. Wer hinter den Angriffen steckt, darüber sind sich die "Targeted Individuals" nicht ganz einig. Einige glauben an Außerirdische, die Finanzwirtschaft oder Geheimbünde. Besonders gängig ist aber die Theorie einer gedankenmanipulierenden Waffe der CIA.

Wahnvorstellungen

Derartige psychotische Symptome sind keine Erscheinung der Neuzeit. Neu ist allerdings, dass sich Betroffene über das Internet vernetzen und sich dadurch gegenseitig in ihren Wahnvorstellungen bestärkt fühlen. Experten verzeichneten vor allem nach den Anschlägen vom 11. September 2001 einen Anstieg. Dennoch ist das Phänomen noch weitgehend unerforscht.

Die beiden forensischen Psychiater Lorraine Sheridan und David James haben 128 Fälle von "Gang-Stalking" untersuchen. Alle Personen hatten demnach mit großer Wahrscheinlichkeit Wahnvorstellungen, während diese Diagnose nur bei 3,9 Prozent der untersuchten Personen zutraf, die angegeben hatten von einer Person gestalkt zu werden.

Besonders problematisch ist, dass die Betroffenen ärztliche Hilfe verweigern. Stattdessen starten sie Aufklärungskampagnen, halten Veranstaltungen ab, veröffentlichen Bücher. Viele wollen die Öffentlichkeit davon überzeugen, dass die Stimmen ihn ihrem Kopf keine psychische Erkrankung sind, sondern Teil einer großen Verschwörung gegen die Bevölkerung. Seriöse Seiten, die Betroffenen Aufklärung bieten, gibt es hingegen kaum. (red, 17.6.2016)