Die kalifornischen Red Hot Chili Peppers beschlossen das Nova-Rock-Festival 2016. Funkig Michael "Flea" Balzary am Bass, mit Blickchen auf den Schummelzettel Frontmann Anthony Kiedis.

Foto: Christian Fischer

Nickelsdorf – Sonntagnacht ist im burgenländischen Nickelsdorf das Musikfestival Nova Rock zu Ende gegangen. Die Lautsprecher vor der "Blue Stage", die vier Tage lang harten und härteren Sounds gedient hatten, verströmten mit einem Mal nur noch Jazz, während sich die Besuchermassen unter dem traditionellen Feuerwerk zu zerstreuen begannen.

Es war nicht die erste Gelegenheit, darüber zu staunen, wie reibungslos das Zusammenspiel zwischen ausgeklügelter Logistik und Nennen-wir-es-Schwarmintelligenz am Nova Rock funktioniert. Fast möchte man ja "Naturgewalt" sagen zu den Massen, die die Betreiber da seit 2005 alljährlich beschwören, beschallen und mit nicht zu wenig Bier versorgen. Jedenfalls habe es so weit keine aufsehenerregenden Straftaten oder Zwischenfälle gegeben, vermeldeten die Behörden am Montag – bei 180.000 Besuchern keine schlechte Bilanz.

Bewegte Herzen und Hintern

Musikalisch war der letzte Tag auf der "Red Stage" härteren Gitarrensounds aus der Hand von Behemoth, Killswitch Engage, Heaven Shall Burn oder Twisted Sister geweiht. Auf der Blue Stage spielten Nofx, die Deftones oder Mono & Nikitaman. Ebendort fand auch das Finale mit den Red Hot Chili Peppers statt, das sehr viele Hintern und Herzen bewegte, aber trotzdem ein eher mildwürziges war.

Trotz Hits wie "Give It Away" oder "Californication" (sowie einer nahtlosen Einbettung von Titeln ihres neuen Albums "The Getaway") wollten die Funkrock-Superstars keinen echten Flow zusammenkriegen. Dass man auf den Videowalls zu sehen meinte, wie Frontmann Anthony Kiedis unter seiner Schirmkappe auf Textschummelzettel lugt, tat dazu das Seinige.

Floh am Bass

Schön war, dass die Kalifornier auch auf ruhigere Parts setzten. Schade jedoch, dass die auf Durchschlagskraft gepolte Livemischung Dynamikwechsel nur bedingt mittrug. Und auch der würzig schnalzende Slap-Bass-Schamanismus von Michael Balzary kam oft ein bisschen schwachbrüstiger herüber, als er gemeint ist – und gekonnt. Denn soviel ist auch nach dem Nova Rock 2016 klar: Funk-Kompetenz haben die Chilis eh. Das zeigte sich nicht zuletzt in hübschen Zwischenspiel-Miniaturen und reduzierten Dialogen zwischen Gitarre und Bass, für die Balzary vom Herumhüpfen Abstand nahm – sein Beiname lautet "Flea", also Floh – und ins Tête-à-tête mit Josh Klinghoffer wechselte.

Ein wenig deplatziert wirkte schließlich ein Cover des Beatles-Songs "Rain" mitten im Set: Der Regen war da nämlich schon wieder vorbei. Ebendieser hatte jedoch am frühen Abend dem Nova Rock einen wunderschönen Moment geschenkt: mit einem Regenbogen über den Pannonia Fields.

Geteiltes Meer

Selbigen kommentierten die deutschen Brachial-Hip-Hopper K.I.Z. in ihrer überzeugenden Show prompt: Mosesgleich befahl Performer Tarek Ebéné dem Publikum, sich in zwei Hälften zu teilen, die sodann aufeinander zulaufen sollten, um "homosexuelle Liebe" zu praktizieren – unter dem Regenbogen. Dieser sei im Übrigen eigens bestellt und nur "eine kleine Demonstration der Macht" von K.I.Z.

Der Größenwahn ist freilich Teil der Inszenierung, und aus ihm heraus haben sich die vier Berliner auch gleich ihre eigenen Monumente auf die Bühne gestellt. Der DJ thront hinter einem Panzer und untermalt die politisch unkorrekten Kanonaden des Quartetts nicht nur mit dicken, dicken Beats und Bässen, sondern auch mit Noise-Explosionen, die zirka so getimed sind wie anderswo Lachkonserven.

"Ich bring euch alle um"

Bei Stücken wie "Geld", "Boom Boom Boom" ("Ich bring euch alle um") oder "Hurra, die Welt geht unter" zeigte das Publikum große Textsicherheit. Die Vibes stimmten, und das, obwohl elektronische Beats am Nova Rock – trotz eines schon länger recht weit gefassten Rock-Begriffs – dem Hörensagen nach immer noch als Fremdkörper gelten. Apropos Fremdkörper: Karten für das Nova Rock 2017 kann man schon kaufen; dort darf man sich – wie schon vor zwei Jahren – auf eine Mitternachtseinlage von David Hasselhoff freuen. (Roman Gerold, 13.6.2016)