Wien – "Mit großem Ton auch im Piano" lautet einmal eine Vortragsbezeichnung im Totentanz für großes Orchester von Rainer Bischof, "großer Ton!" schreibt auch Gustav Mahler dem Tenorhorn-Solo zu Beginn seiner siebten Symphonie vor. Die Querverbindungen zwischen beiden Komponisten und ihren Werken, die in einem Festwochenkonzert mit dem ORF Radio-Symphonieorchester Wien zu tragen kamen, reichen indessen weiter.

Denn Rainer Bischof, der neben vielen anderen Aufgaben im Musikleben auch bis vor kurzem langjähriger Präsident der Internationalen Gustav-Mahler-Gesellschaft war, ist ganz deutlich der Wiener Moderne verpflichtet – und damit auch jenem unbedingten Ausdruckswillen, der Mahler mit den Komponisten der Wiener Schule vereint.

Auch Totentanz beruht auf einer Zwölftonreihe – diese Technik wird freilich so flexibel und expressiv gehandhabt, dass sich die Dramatik des Geschehens frei und urwüchsig Bahn brechen kann. Rainer Bischof spielt so selbstverständlich auf der Klaviatur der Gefühlswerte, dass die Frage nach seiner historischen Verortung in den Hintergrund tritt: Aus dem im Jahr 2000 uraufgeführten Stück spricht gewissermaßen zeitlose Dringlichkeit.

Ziemlich gründlich

Das Orchester unter seinem Chefdirigenten Cornelius Meister widmete sich Rainer Bischofs Komposition mit derselben Gründlichkeit wie anschließend Gustav Mahlers siebter Symphonie. Sie erklang nicht nur tadellos gearbeitet, vielmehr wirkte sie vor allem auch stimmig durchgebildet. Gerade das "Schattenhafte", welches das zentrale Scherzo bestimmt, aber auf das Ganze abfärbt und insgesamt einen wesentlichen Mahler'schen Zug benennt, zeigten RSO Wien und Cornelius Meister jederzeit in seiner Vieldeutigkeit auf. Somit: Elegischer Gesang, Jubel, Zweifel und Triumph wirkten dadurch zugleich nahe dem Wundersamen und der Katastrophe. (Daniel Ender, 14.6.2016)